Besuch in Kermanshah, Teil 2: junge Frauen und alte Götter

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Besuch in Kermanshah, Teil 2: junge Frauen und alte Götter

Bismillah i rahmani rahim

In Kermanshah haben wir im Studentinnenwohnheim übernachtet – nette kleine Apartments mit zwei Schlafzimmern, jeweils mit 4 Betten in Etagenbetten, Mini-Bad und Klo, kleinem Wohnbereich mit kleiner Küche aber Riesengasherd. Ob da wirklich ständig  8 Studentinnen wohnen? Ziemlich eng für deutsches Rückzugsbedürfnis, aber ganz hübsch und gemütlich. Und die Studentinnen waren so lieb, haben uns mit allem für ein perfektes Frühstück versorgt und uns noch mit liebevoll verpackten Geschenken überrascht. Abendessen waren wir sowieso in einem tollen Restaurant, in dem wir zusätzlich zu den bestellten Gerichten dann noch alle möglichen Spezialitäten zum Probieren bekamen.

Nun, in den Apartments gabs keinen Platz, sich mit den Studentinnen zusammenzusetzen, darum haben wir uns am Nachmittag, nachdem wir von der offiziellen Veranstaltung und dem Besuch beim Freitagsprediger zurück waren, in der Moschee des Wohnheims getroffen. Fotos wurden in alle Richtungen geschossen:

Hier unsere Gruppe mit Übersetzerin:

Das schöne an diesem Treffen war die lockere Atmosphäre, so ganz ohne offiziellen Rahmen. Und dank der Talente meiner Mitreisenden kam auch wieder ein wirkliches Gespräch in Gang – auch über die Frage des „Hijab“, die ja schließlich Anlass unserer Reise war. Wie man auf den Bildern sieht, ist der „Tschador“ nicht das einzig mögliche Kleidungsstück in Iran, auch wenn ich fand, dass er tatsächlich von erstaunlich vielen Frauen jeden Alters getragen wird. Aber es gibt auch modernere Methoden islamischer Kleidung und ebenso gibt es reichlich Möglichkeiten, der „Kopftuchpflicht“ mehr oder weniger zu entgehen,wenn frau es will.

Allerdings zeigte sich, dass gerade die Mädchen, die ihren Hijab eher locker tragen, deshalb nicht unbedingt der Religion fern stehen, im Gegenteil sie sind gut informiert und sehen auch Sinn im Verschleierungsgebot. Warum sie trotzdem nicht konsequent in der Umsetzung sind,ist mir nicht unbedingt aufgegangen.

Ihre Gründe, den Hijab zu tragen sehen sie überwiegend in ihrem eigenen Schutz vor unerwünschten Blicken, so die Aussagen. Es gibt auch Mädchen, die nicht wirklich dahinter stehen, aber eben aus gesellschaftlichem Druck, oder um keinen Streß mit den Eltern zu haben, den Hijab tragen – und das sind nicht unbedingt die, bei denen das Kopftuch ganz nach hinten gerutscht ist.

Ich konnte mir nicht verkneifen aus meiner Position als alte Dame heraus über die Entwicklungen in Europa in den letztn Jahrzehnten zu berichten. Die Frauenbewegung hat uns sicher viele positive Entwicklungen in manchen Bereichen, z.B. im Berufsleben gebracht, aber was die Freizügigkeit angeht, kann man wohl sagen,dass sie von wirtschaftlichen Interessen gekapert wurde – oder will man allen Ernstes behaupten, dass wir Frauen dadurch befreit sind, dass man uns mehr denn je in der Werbung als Sexobjekt vermarktet?

Den jungen Frauen habe ich gesagt, dass ich finde sie könnten sich glücklich schätzen in einem Land zu leben in dem sie als Personen und Frauen respektiert werden und dass sie sicher sein könnten, dass es keine Grenze gibt,wenn sie anfangen ihre Kleidung abzulegen, bis zur kompletten Nacktheit.

(für mich selber noch bis vor ein paar Jahren nicht wirklich ein Schreckgespenst, aber ich habe da meine Haltung nun einmal geändert und ich halte inzwischen sehr viel von Privatheit)

Der Hijab hat aber noch andere, spirituelle Dimensionen, aber dazu hatten wir an anderer Stelle noch intensive Gespräche.

Es hat jedenfalls Spaß gemacht mit den Mädels und sie haben mich gelehrt, dass es eine wirklich selbstbewußte und kritische Generation ist, die dort lebt. Die aber in ihrem Glauben fest verwurzelt ist. Es war eine Freude zu sehen und zu hören, wie sie von ihrer Liebe zu den Ahl-u-bayt,a.s., erzählt haben und dass diese Persönlichkeiten wirkliche Vorbilder für sie sind. Was sicher mehr Sinn macht, als irgendwelchen Popstars nachzueifern.

Am liebsten hätten sie uns gar nicht gehen lassen, schade, dass ich unsere gemeinsamen Gesänge hier nicht wiedergeben kann, 🙂

Aber wir mussten ja weiter.  Ein bisschen Touristenprogramm war noch angesagt.

Beeindruckende Steinreliefs aus der Zeit der Sassaniden in nicht minder beeindruckender Landschaft gab es hier zu sehen, z.B. dieses:

wiki dazu:

Die Krönungszeremonie Ardaschirs II.

Die Investitur Ardaschirs II.

Das erste Tāq-e Bostān Relief und anscheinend das älteste ist ein Steinrelief der Krönungszeremonie Ardaschirs II. Es besteht aus vier Personen mit Schwertern, Helmen und mit dem Lotus, der von den Iranern kultiviert wurde.

Das Werk ist 4,07 m breit und 3,90 m hoch.

Näher betrachtend sieht man, wie detailliert die Künstler gearbeitet haben. Die Figur rechts trägt eine gezackte Krone. Sie hat sich zu der Figur in der Mitte gewandt und hält ihr einen königlichen Ring hin. Die mittlere Figur trägt einen Helm. Beide Figuren tragen Roben, die ihre Körper bis zu den Knien bedecken. Die Roben unterscheiden sich, denn der Saum der Robe der mittleren Figur ist rund. Ihr Helm ist rund und erlaubt es, dass die Haare darunter herabhängen. Links steht eine Figur mit einem Schein um den Kopf und einem Schwert in der Hand. Ihre Füße sind merklich kleiner als die der anderen. Sie trägt zierliche und elegante Schuhe. Ihre kleinen Absätze ruhen auf einem Lotus, was die Absicht des Künstlers zeigt, eine weiche und zarte Untergrund für die zierlichen Schuhe zu schaffen.

Die ganze Szene lässt sich jetzt wie folgt beschreiben: Ardaschir II. in der Mitte erhält von dem Gott Ahura Mazda den Ring als Symbol königlicher Macht. Hinter Ardaschir II. steht Mithras, der Ardaschir II. bei seinen Taten schützte, mit einem Schwert. Mithras war vorher der Schutzgott des parthischen Militärs. Die liegende Figur unter Ardaschir II. ist ein besiegter Römer, möglicherweise der Kaiser Julian.

Nach einer anderen Deutung soll die liegende Figur Haftanbokht aus dem Karnamak-i Ardaschir und die rechte Figur Kayus von Kermanschah, der als lokaler Herrscher von Ardaschir I. (Figur in der Mitte) wieder eingesetzt wurde, sein.

An der alten Seidenstraße liegt dieser schöne Flecken Erde und hier kamen früher die Könige zur Sommerfrische hin.

Es war einfach traumhaft, so in der Abenddämmerung:

Wir hatten eigentlich noch gar keine Lust, weiterzureisen, aber als nächstes lockte Mashhad und das war nun wirklich der heiß ersehnte Höhepunkt der Reise. Also ab in den Bus und zum Flughafen.

voriger Teil: https://meryemdeutschemuslima.wordpress.com/2012/05/21/besuch-in-kermanshah-teil-1/

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