Archiv der Kategorie: Christentum

Ja, ich will die Islamisierung des Abendlandes! Und ich bin nicht Charlie!

Standard

Bismillahir rahmanir rahim

Natürlich meine ich nicht das, was uns die Salafisten als „Islam“ verkaufen wollen – diese handeln ja in fast allen Punkten gegen das, was uns der Prophet Muhammed, s.a.s., als Botschaft gebracht hat. Ich glaube fast, alles was bei ihnen vom Islam übrig geblieben ist, ist dass sie sich im Gebet gen Mekka verneigen. Aber wen sie da anbeten? – Gott, den Schöpfer allen Seins, den Barmherzigen, den Allerbarmer wohl kaum.

Allah verbietet das Töten von Zivilpersonen, auch wenn sie ausgewiesene Islamfeinde sind. Muslime müssen mit ihrer Zunge oder der Feder kämpfen – es sei denn, sie sind im Verteidigungskrieg.

Nein, die Lehre des Propheten, s.a.s., ist eine andere. Allah sagt über ihn im Qur´an:

„In diesem ist fürwahr eine Botschaft an Leute, die (Uns) dienen. Und Wir haben dich nur als Barmherzigkeit für die Weltenbewohner gesandt.“ (Sûra 21:106-107)

Und Muhammed, s.a.s., das beste aller Geschöpfe, hat sich stets geduldig gezeigt, in den Zeiten der Unterdrückung, oder auch in den Zeiten der Macht. Es ist eine Schande, wenn sich in der Woche, in der wir seinen Geburtstag feiern, angebliche Muslime erdreisten, einen Massenmord zu begehen, angeblich um den Propheten, s.a.s., zu verteidigen. Aber ob die Attentäter von Paris wirklich diese Motivation hatten, kann man auch bezweifeln (s. Video von KenFM unten und Beitrag von Christoph Hörstel)

Wer wirklich dahintersteckt, das wird noch herauszufinden sein. Und wird vermutlich genauso schwierig wie bei 9/11, wo wir ja mit Sicherheit nur wissen, dass es nicht so war, wie man uns weis machen will.

Wie der Prophet, s.a.s., mit Beleidigungen umging, das wird z.B. hier erzählt:

Als Muslime sollen wir dem Vorbild des Propheten nacheifern, seiner „Sunna“. Das gilt für alle islamischen Konfessionen. Es zeigt sich deutlich an diesem Beispiel unter vielen, dass das was der „IS“ ,  Al Qaida und alle anderen gewalttätigen Leute, die sich Muslime nennen, mit dem Islam wirklich nichts zu tun haben.

Neuerdings wird uns Muslimen um die Ohren gehauen, wir könnten nicht sagen, dass dieser Terror nichts mit dem Islam zu tun habe. Und darum müssten wir uns distanzieren.

Nein muss ich nicht. Ich muss nicht „Je suis Charlie“ sein. Bin ich nicht. Dieses ist ein Schmierblatt, dass seine Popularität, soweit ich herausgefunden habe, überwiegend mit billiger Islamhetze macht. Mit denen soll ich mich identifizieren? Für mich hat jede Freiheit Grenzen, auch die Presse- und Meinungsfreiheit und „Charlie“ lügt. Ich habe mit solchen Leuten nichts zu tun, aber natürlich verurteile ich die Morde an den Mitarbeitern dort. Man darf solche Taten nicht begehen, s.o. Da bin ich lieber solidarisch mit Ahmed, dem Polizisten der bei dem Terroranschlag getötet wurde.

Also eine Islamisierung nach „IS“ Vorbild will ich natürlich nicht. Aber eine nach den Grundlagen des Propheten, s.a.s., das ist mein Utopia. Und wer weiß, wofür sich die Menschen im Abendland irgendwann entscheiden. Die Griechen, Römer, Kelten, Germanen und ein Dorf in Gallien haben sich schließlich auch gegen die Christianisierung gewehrt. Und nun ist das Abendland „jüdisch-christlich“?

Nein nicht wirklich.  Das Judentum hatte es hier immer schwer, der Antisemitismus ist eine europäische Erfindung. Und christlich? Würden wir uns hier nach dem Propheten Jesus a.s. richten, gäbe es keine Zinswirtschaft, keine Bankenkrisen, keine Hungerlöhne und kein Hartz IV. Uvm.

Alle Propheten, a.s., wollten Gerechtigkeit und Frieden. Gott hat allen die gleiche Botschaft von Barmherzigkeit aufgetragen.

Für´s erste wär ich schon zufrieden, wenn wir hier christianisiert würden. Der Islam kann das ja später vervollständigen.

Wird inschaAllah fortgesetzt.

Zu „Charlie Hebdoe“s Rassismus:

http://www.heise.de/tp/artikel/43/43818/1.html

Wer ist verantwortlich für den Terror von Paris:

Beitrag von Christoph Hörstel bei FB:

Mein Monat Ramadan: Tag 7

Standard

Bismillahir rahmanir rahim

Im Monat Ramadan versucht man als Muslim/a, den heiligen Qur´an einmal ganz durchzulesen. Das beschränkt sich natürlich nicht auf den Monat Ramadan, aber wenn man es im sonstigen Jahr vielleicht nicht so regelmäßig tut, dann doch wenigstens jetzt.

Ich bin dabei – in meinem Fall lese ich aber in deutschen Übersetzungen. Ich habe mehrere. Keine ist perfekt, deshalb finde ich ganz gut, dass ich auch mal in einer anderen Variante nachlesen kann, wenn mir eine Stelle auffällt und missverständlich scheint.

Imam Chamenei sprach kürzlich über „Innere Festigung durch Vertrautheit mit dem Koran“:

Als weiteren großen Segen des ständigen Kontaktes zum Koran bezeichnete Ajatollah Khamenei die Stärkung des Glaubens und des Vertrauens in Gott und die göttlichen Verheißungen sowie die Abwehr der Angst vor irdischen Schwierigkeiten und sagte: „Das Nachdenken über den Koraninhalt befreit die Islamische Gesellschaft aus den Finsternissen des Aberglaubens und Irrwegs sowie aus dem Dunkel von Angst und Einbildungen und lenkt sie auf den rechten Weg zum göttlichen Wissen. Das aber ist heute ein grundsätzliches Bedürfnis der Islamischen Welt bei der Begegnung mit den Herausforderungen!“

Und es ist wirklich so. Ich bereue gerade mal wieder, dass ich mir im Rest des Jahres so wenig Zeit für den heiligen Qur´an nehme. InschaAllah ändert sich das wieder und ich nehme ihn viel regelmäßiger zur Hand, oder höre auch einfach mehr – ich hab auch eine deutsche Übersetzung als Hörbuch.

Die Stelle die mich heute besonders beweg hat ist diese:

Sicherlich findest du, daß unter allen Menschen die Juden und die Götzendiener die erbittertsten Gegner der Gläubigen sind. Und du wirst zweifellos finden, daß die, welche sagen: „Wir sind Christen“ den Gläubigen am freundlichsten gegenüberstehen. Dies (ist so), weil es unter ihnen Priester und Mönche gibt und weil sie nicht hochmütig sind. [5:82]

Und das deswegen, weil ich gestern ein berührendes Gespräch mit einer Zeugin Jehovas hatte. Nicht weil die missionarisch unterwegs war, sondern bei ganz anderer Gelegenheit und sie mich auf meine Religion ansprach. Eine junge Frau, gottesfürchtig und glücklich damit, obwohl sie oft Diskriminierung erfährt. Weshalb sie wohl auch mich auf meine Erfahrungen ansprach. Und obwohl uns unsere Unterschiede in der Vorstellung von Gott deutlich sind, sind wir doch in so vielem verbunden und konnten uns leicht darauf einigen, wie wir uns einen guten mitmenschlichen Umgang wünschen. Uns verbinden Werte.

Solche Gespräche finde ich ganz großartig, die machen mir Mut, dass es möglich ist, mehr auf die Gemeinsamkeiten als auf die Unterschiede zu schauen und eine Gesellschaft zu formen, in der alle in Frieden ihren Glauben leben können.

20140504_111439

Zum Zusammenleben der Religionen: Religiöse Minderheiten im Iran

Ein gesegnetes Fastenbrechen und eine ebensolche Nacht wünsche ich Euch!

 

Warum Juden, Christen und Muslime Imam Hussain, a.s. kennen sollten, Teil 2

Standard

Bismillahir rahmanir rahim

2013-11-09 20.12.06Heute hat das erste Mal ein Trauermarsch für die Märtyrer von Kerbela in München stattgefunden. Mit größerer Beteiligung als ich erwartet hatte.  Ich füge hier ein Video und ein paar Bilder von den Plakaten ein, denn die tun ja das, worum es mir hier geht: über Imam Hussain, a.s. aufklären. Aber das ist natürlich spärlich. Ich fand es ein bisschen schade, dass es keine Lautsprecherübertragung von Trauergesängen oder der Geschichte von Kerbela gab – auf Deutsch natürlich. Leider gab es nur eine Schlussansprache auf dem Marienplatz mit einem defekten Megaphon – also ohne. Nicht Eingeweihte werden nicht so viel verstanden haben. Aber es war ein Anfang und ich danke den Organisatoren, die diese Aufgabe auf sich genommen haben.

2013-11-09 20.15.29

Übrigens war Imam Hussain, a.s. durchaus bei den Christen seiner Zeit bekannt und berühmt. Es gibt mehrere zeitgenössische Erzählungen oder Legenden über das was mit seinem Kopf geschehen ist:

Gemäß der Legende kam die Karawane mit den Gefangenen von Kerbela auch in Aleppo vorbei. Ein Mönch soll ein Licht [nur] gesehen haben, das vom aufgespießten Kopf des Imam Husain (a.) ausging. Als die Karawane in Aleppo eine Nacht Rast einlegte, bat der Mönch darum, den Kopf für 10.000 Dirham für eine Nacht ausleihen zu dürfen. Er nahm den Kopf uns platzierte ihn auf einen Stein, worauf Blut vom Kopf getropft sein soll. Am nächsten Morgen soll der Mönch den Kopf zurück gebracht und den Islam angenommen haben.

Berühmt auch die Geschichte des römischen christlichen Abgesandten, der den Tyrannen Yazid wegen dessen Missachtung Hussains, a.s., kritisierte und dann ermordet wurde. Er sagte, dass die Christen mehr Respekt vor dem Hufabdruck des Esels von Jesus, a.s. hätten, als Yazid vor dem Kopf des ermordeten Enkelsohnes des Propheten Muhammed, s.a.s.:

Die genannten Christen sind allerdings keine Christen geblieben, sondern konvertiert, nachdem sie Imam Hussain, a.s., erlebt haben, mashaAllah.

Aber zurück zum Thema „Widerstand“. Was die Märtyrer von Kerbela unter ihrem großen Anführer Imam Hussain, a.s. getragen hat, war der feste Glaube an Gott und daran, dass es besser ist zu sterben, als die Unterdrückung hinzunehmen. Der Imam a.s., hätte doch bloß dem Tyrannen Yazid den Treueeid leisten müssen und schon wäre Ruhe gewesen…vielleicht hätte er sogar einen Regierungsposten bekommen. Aber das konnte Imam Hussain, a.s., nicht tun: einem trunksüchtigen, machtgierigem, tyrannischen Herrscher den Treueeid schwören, das hätte den Islam zerstört. Denn der Islam hatte ja eine gerechte Gesellschaftsordnung nach Gottes Anweisungen geschaffen, wie hätte sich also der Imam a.s., jemandem fügen können, der alle Anweisungen des Propheten s.a.s. zunichte machte, Ungerechtigkeit und Zügellosigkeit in der Gesellschaft schuf? Dabei zeigt die Lebensgeschichte des Propheten, s.a.s., dass dieser durchaus langmütig war und zahlreiche Demütigungen hinnahm – u.a. wurden die Muslime in der Frühzeit jahrelang in die Wüste verbannt, der Prophet, s.a.s., beschimpft, mit Schlachtabfällen beworfen usw. Muhammed, s.a.s., hat nicht den Konflikt um des Konfliktes willen gesucht. Er verhielt sich klug und zurückhaltend, sorgte dafür, dass ein Teil seiner Anhänger nach Abessinien auswandern konnte, wo sie beim christlichen (!) Herrscher Asyl erhielten und selbst als er später seinen islamischen Staat in Medina errichtet hatte, war er beim Friedensabkommen mit den Mekkanern  zu so großen Kompromissen bereit, dass sich unter seinen Anhängern Unmut regte. Krieg hat er, s.a.s., nur dann geführt, wenn die Muslime angegriffen wurden und beim Bruch dieses Friedensabkommens.

Und Imam Hussain a.s., handelte wie sein Vater, Imam Ali a.s. und sein Bruder Imam Hassan, a.s., in der Tradition seines Großvaters, des Propheten, s.a.s.  Er verhielt sich zurückhaltend, bis das Volk von Kufa ihn selber eingeladen hat, dorthin zu ziehen und sein Imam zu sein, weil die Kufiten selber merkten, dass sie unter der Regierung der Umayyaden von ihrem islamischen Weg abkamen. Dass sie dabei schon weit fortgeschritten waren, zeigt sich daran, dass sie eben nicht Widerstand gegen Yazids Schergen leisteten und den Imam a.s. im Stich ließen.

Imam Hussain2

Zurück in die Zeit des dritten Reichs und dem Widerstand im deutschen Volk, oder dem mangelnden Widerstand, wie man es nimmt. Ich gehe hier mal von einer christlichen Prägung aus – dass die Juden nur wenig Möglichkeit hatten sich zu wehren, das aber durchaus auch getan haben, hatte ich schon erwähnt.

Die Deutschen haben sich wenig gewehrt gegen die Nazis, heißt es. Aus heutiger Sicht ist es leicht, eine obrigkeitshörige Haltung zu verspotten, Gleichgültigkeit, Anfälligkeit für Propaganda über Feindbilder und dafür Andere, Schwächere zu verachten, Bequemlichkeit und Diensteifrigkeit gegenüber fragwürdigen Autoritäten, Denunziantentum und Kollaboration mit dem scheußlichsten Terror.

Sicherlich war es nicht so einfach, die Mechanismen die da ins Rollen kamen zu durchschauen. Wenige haben das trotzdem getan, aus ganz unterschiedlichen Gründen, aus ideologischen, wie beim kommunistischen Widerstand, aus dem Überblick über die militärische Katastrophe wie beim Widerstand in Offizierskreisen, oder aus Mitmenschlichkeit wie bei denen, die Verfolgte versteckten und unterstützten oder als Kirchenleute ihre Stimme erhoben. Ich erhebe hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit und will auch nicht behaupten, dass es den Offizieren und Kommunisten nicht um die Menschen ging. Getragen wurden alle von ihrem Glauben, denn einen Glauben haben alle Menschen. Es ist nur die Frage woran, und wie tragfähig solch ein Glaube ist.

Jemand wie Dietrich Bonhoeffer, der vertreten hat, dass der Glaube und das Handeln des Menschen übereinstimmen müssen:

Nicht in der Flucht der Gedanken,  allein in der Tat ist die Freiheit.

und der nach Deutschland zurückkehrte, obwohl er die Nazizeit auch in England hätte überstehen können, hat gewiß einen tragfähigen Glauben gehabt. Wir kennen wohl alle sein: „Von guten Mächten wunderbar geborgen“:

Das hat mein Herz schon immer erwärmt. Ein anderes Zitat von ihm „Jeder ist für seine Dummheit selbst verantwortlich“. Das ist auch gut gesagt.

Damit das hier nicht ausufert, müssen die zwei Beispiele von Persönlichkeiten aus den christlichen Kirchen, Kardinal von Galen und Dietrich Bonhoeffer ausreichen. Aber wie sollten sie, bzw. alle Christen von Imam Hussain, a.s. profitieren? Nun – sie haben selber ihren Mut und ihre Opferbereitschaft gezeigt, aber natürlich kann man sagen, dass Imam Hussain, a.s., in diesen Eigenschaften bis an die Grenzen des Möglichen gegangen ist. Was er ausgehalten hat in den Tagen, in denen alle seine Freunde und  mehrere seiner Kinder abgeschlachtet wurden, in denen die begleitenden Frauen und Kleinkinder Hunger und Durst litten und wie er wusste, einem ungewissen Schicksal entgegengingen, während klar war, dass auch er sterben würde, das versuchen wir uns immer wieder in den Trauerritualen vorzustellen. Imam Hussain a.s., hat das ausgeführt, wofür Ibrahim a.s. bereit war: seinen Sohn zu opfern um Allahs willen und er hat selber ertragen, wovor Jesus, a.s., nach islamischer Auffassung in letzter Minute bewahrt wurde. Und wie in Teil 1 erwähnt, hat er dadurch dafür gesorgt, dass der wahre Islam, nämlich die Religion von Gottesehrfurcht, Barmherzigkeit und Liebe bewahrt wurde. Er erinnert aber auch daran, dass es ein Fehler ist zu trennen zwischen Religion und politischem Handeln. Denn auch das haben die Nazis versucht: die Kirchen zu etwas Unpolitischem zu machen, dass ihre Herrschaft nicht stört.

Ein Imam Hussain, a.s., der den Tyrannen nicht weiter gestört hätte, weil er sich damit begnügt hätte, Gebete zu leiten und Wohltätigkeit zu organisieren, der wäre wohl am Leben geblieben.

Das sind Lehren für uns alle und für jede Zeit: die Trennung von Religion und Politik wird in unserer Gesellschaft propagiert. Und auch unter den Muslimen ist diese Haltung verbreitet. Ja, es werden sogar „Hadithe“ verbreitet, in denen der Prophet, s.a.s., angeblich den Widerstand gegen tyrannische Herrscher untersagt. So etwas ist mir kürzlich in einer interkonfessionellen Frauengruppe begegnet und ich warte noch auf genaue Quellenangaben. Hier ein Beispiel eines solchen Hadithes, der vermutlich direkt aus der Fälscherwerkstatt von Muawiya stammt:

Der Prophet (salla-llahu alayhi wa sallam) sagte: „Nach mir werden Herrscher kommen, die nicht meiner Leitung und meiner Sunnah folgen. Unter ihnen werden solche sein, die Herzen von Teufeln in Körpern von Menschen haben.“ Hudheifa fragte: „Was soll ich tun, oh Gesandter Allahs, wenn diese Situation mich erreicht?“  Er antwortete: „Du sollst dem Herrscher zuhören und gehorchen, selbst wenn er deinen Rücken schlägt und dein Vermögen nimmt, dann höre und gehorche.“ (Muslim)

Jeder der ein bisschen über Imam Hussain, a.s., aber auch über die anderen unfehlbaren Imame, a.s. und natürlich den Propheten, s.a.s., gelernt hat, weiß, dass das nicht der Islam ist. Aber dadurch, dass sich früh nach dem Ableben des Propheten, s.a.s., eine Herrscherschicht durchsetzte, die eine Islaminterpretation zu ihren Gunsten verbreitete, hat man die Muslime über Jahrhunderte vom Denken abgehalten und versucht das noch heute. Und haben nicht die christlichen Kirchen Ähnliches getan? Und gibt es nicht hier wie dort heute immer mehr kritische Geister, die die ursprüngliche Botschaft von Jesus, a.s. und Prophet Muhammed, s.a.s. und seiner Ahl-ul-bait, a.s. wiederbeleben wollen? Imam Hussain, a.s. ist hier eine verbindende Persönlichkeit, von der wir alle profitieren können.

Trauermarsch für Imam Hussain, a.s. am Marienplatz in München
                                                   Trauermarsch für Imam Hussain, a.s. am Marienplatz in München

Ich sehe, dass wir alle, egal welcher Religion wir angehören, heute genauso eingelullt und eingeschüchtert sind, wie es unsere Vorfahren zur Zeit der Nazis waren. Nur sind die Methoden subtiler geworden. Einerseits haben wir mehr zu verlieren, auch wenn viele unter bescheidenen Bedingungen leben: in der Regel sind wir warm und trocken und mit Fernsehen und Internet versehen. Das hat auch seinen Grund: Man braucht heute keinen Hitler mehr, der Hetzreden auf Versammlungsplätzen schwingt. Propaganda macht man heute über das Verblödungsfernsehen, BILD und das Internet. Hass auf Andersdenkende oder -aussehende schüren und diffuse Ängste verbreiten. Einlullen mit diversen „Promi“-Geschichten, Casting-Shows, Soaps. Da stört es nur ganz vorübergehend, dass wir von Leuten regiert werden, die sich noch entschuldigen, wenn man unsere staatliche Souveränität verletzt. Es fällt uns auch nicht weiter auf, dass von unserem Staatsgebiet aus völkerrechtswidrige Drohnenangriffe koordiniert werden, wir den schlimmsten Verbrechern Waffen liefern (unsere Exporterfolge) usf.

Wollen wir später auch alle sagen „wir haben nichts gewußt“?

Zum Abschluss: ich möchte mich zurückhalten mit dem Urteil über die Generation meiner Großeltern – wie gesagt ist es aus heutiger Sicht leicht zu urteilen. Über unsere Generation und unsere Kinder kann ich da schon kritischer sein und ich schließe mich ein in die Kritik: obwohl ich mich für einen einigermaßen wachen Geist halte, neige ich doch auch zur Bequemlichkeit und zum Weggucken. InschaAllah wird das immer weniger und mein Blick schärfer, mein Mut größer. Von Imam Hussain, a.s., von Zainab, a.s., von allen Märtyrern von Kerbela und den Ahlul-bait a.s., lerne ich. Prophet Muhammed, s.a.s., ist von Allah geschickt worden als eine Barmherzigkeit für die ganze Menschheit – lernen wir doch endlich, dieses Geschenk zu würdigen.

Ich habe diese Artikel geschrieben, weil Muharram und die Gedenktage um die Reichspogromnacht von 1938 zusammengefallen sind. Und ich habe mich ausdrücklich damit beschäftigt, wie die Deutschen sich zur Zeit der Judenverfolgung verhalten haben. Von Muslimen wird das Thema oft gemieden oder sie geraten sogar in die Falle, die Verfolgung der Juden zu relativieren.

Dafür gibt es m.E. mehrere Ursachen: einmal haben viele Muslime einen Migrationshintergrund, d.h. sie fühlen sich nicht geschichtlich oder persönlich mitverantwortlich. Zu Recht, haben doch Muslime und Juden viele Jahrhunderte friedlich in vielen Ländern zusammengelebt. Der Antisemitismus ist eine europäische Erfindung. Andererseits benutzt aber das zionistische Regime Israel die Verfolgung der Juden als Vorwand für seinen rassistischen Staat, unter dem in erster Linie die palästinensischen Muslime leiden.

Ich finde wir tappen in die Falle, die die Zionisten uns stellen, wenn wir zulassen, dass diese Themen vermischt werden. Der Zionismus ist keine Bewegung, die aus der Judenverfolgung erwachsen ist, aber er weiß dieses entsetztliche Verbrechen für sich zu nutzen. Wir Deutschen trauen uns kaum etwas dagegen zu sagen, dabei müssten wir gerade wegen unserer historischen Schuld darauf hinweisen, dass Zionismus ebenso rassisitisch ist, wie die Ideologie der Nazis. Aber umgekehrt sollten auch Muslime nicht anfangen, den Holocaust zu verleugnen, weil sie gegen die Zionisten sind. Diese Vermischung ist die Taktik der Zionisten, fallen wir doch nicht darauf rein.

Es ist historisch vielleicht interessant, ob 1, 3, oder 6 Millionen Juden umgebracht wurden. Für unsere historische Schuld ist das belanglos. Und für den Rassismus von Zionisten auch.

Es gibt noch ein paar andere Themen aus der islamischen und sonstigen Geschichte, die eine Rolle dabei spielen, wenn sich auch unter Muslimen eine diffuse Abneigung gegen Juden findet.  Damit wir da nicht halbinformiert und irrational urteilen, ist es ganz wichtig, den Umgang des Propheten, s.a.s., mit ihnen zu kennen. Ich hab dazu eine vierteilige Artikelreihe geschrieben, bitte bemüht die Suchfunktion (Muslime und ihr Verhältnis zu Juden und Christen).

1383787_468515363268209_334857476_n

Warum Juden, Christen und Muslime Imam Hussain, a.s. kennen sollten

Standard
Warum Juden, Christen und Muslime Imam Hussain, a.s. kennen sollten

Bismillahir rahmanir rahim

Teil 1

Wer ist Hussain

In diesem Jahr treffen die  Gedenk- und Trauertage von Muharram mit dem Gedenken an den nationalsozialistischen Terror, speziell der “Reichspogromnacht” zusammen.

Wenn auch in ganz anderer Form: hier wie dort, in Kerbela wie in Nazi-Deutschland, standen sich Gewaltherrscher und unterdrückte Minderheiten gegenüber, wurden diese diffamiert, beraubt und schließlich ermordet. Sicher: die Geschehnisse in Kerbela trugen sich in wenigen Tagen zu, während der Nazi-Terror sich über Jahre entwickelt, bis hin zur industrialisierten Vernichtung  jüdischer Gefangener (und anderer, die nicht vergessen werden sollen). Aber auch die Unterdrückung der Muslime die zu den Ahlul bait  hielten, dauerte an – bis heute wo Herrscher in der Tradition der damaligen Diktatoren uns als Ungläubige verunglimpfen und wo sie können schikanieren oder umbringen lassen.

Warum fiel mir aber dieser Artikel ein: wegen des Thema Widerstands! Viele kluge Menschen überall auf der Welt kennen Imam Hussain, a.s., kannten ihn auch schon vor Nazi-Deutschland. Sicher hätte es den Deutschen, Juden oder Christen, gut getan, von ihm zu profitieren.  Beeindruckt hat er u.a.

Thomas Carlyle, geb. 1795,  den englischen Essayisten, Goethe-Übersetzer und Historiker (mit revolutionären wie rassistischen Ansichten), der sagte:

The Victory of Hussain, despite his minority, marvels me

Oder Mahatma Gandhi, der auf seinen “Salzmarsch” 72 Gefährten mitnahm, in Erinnerung an die 72 Gefährten Imam Hussains, a.s.:

I learnt from Hussain, how to achieve Victory whilst being oppressed

Gandhi

Als Mahatma Gandhi gefragt wurde, warum er 72 Gefährten auf seinem Salzmarsch für die Freiheit Indiens mitnahm, antwortete er: „Ich nahm 72 mit, da Hussain ibn Ali 72 mitnahm und genauso wie seine 72 ewig sind, will ich, dass meine 72 ewig werden.“

Percy Sykes, geb. 1867, britischer Orientalist:

Wahrlich, der Mut und die Heldenhaftigkeit welche diese kleine Gruppe demonstrierte, treibte jeden der darüber hörte,  dazu an, es unweigerlich zu rühmen und zu preisen.

Das sind ein paar Zitate, die ich auf den Seiten der internationalen Kampagne “Wer ist Hussain” gefunden habe, und die sich jetzt besonders auf die äußerliche Situation, nämlich den Kampf einer absoluten Minderheit gegen eine überwältigende Übermacht beziehen und die deutlich machen, dass es trotz der scheinbaren Niederlage Imam Hussains, a.s. und seiner Gefährten, doch er war, der den Sieg davongetragen hat, nämlich alleine dadurch, dass hier die Aufrichtigkeit und der Glaube standgehalten haben, gegen das, was Zainab a.s. in ihren Reden an diejenigen, die den Imam a.s. verraten haben anprangert: die Feigheit und das mangelnde Gottvertrauen:

…Ihr habt keine klare Linie, ihr gleicht einer Pflanze, die im Unrat gedeiht oder einem Stein, der ein Grab schmückt. Ihr seid ein totes Volk, seelenlos und brackig, – tot deswegen, weil ihr zu allem bereit seid, um euer Leben zu erhalten…

Das sind harte Worte, die die Schwester des Imams, a.s., an die Kufiten richtet – aber es waren eben diese Leute, Muslime und Anhänger des Imams, a.s., die ihn zuerst nachdrücklich eingeladen und ihn dann im Stich gelassen hatten. In seiner Rede an die Armee Yazids gerichtet, die ja auch aus Muslimen bestand, erinnerte der Imam a.s. die Soldaten

“An jene von euch, die mich nicht kennen, wisset, dass ich der Enkelsohn des heiligen Propheten bin.
Ich bin auf dem Weg der Wahrheit. Yazid verkörpert Falschheit und Korruption. Er möchte euch vom Islam wegführen.
Folgt ihm nicht! Ermordet nicht den Enkelsohn des Propheten! Allah wird euch niemals vergeben!  Seid euch gewiss, wenn ihr einen Befehlshaber seht, der all jenes tut, was Allah und sein Prophet verboten haben, der jeder Sünde nachgeht, der seine Untergebenen unterdrückt und ihr nichts tut um so einen Befehlshaber zu stoppen, dann seid ihrvor Allah genauso schuldig wie er es ist! Ihr kennt meine Abstammung. Meine Eltern haben mich nicht erzogen damitich mich einem üblen Tyrannen unterwerfe. Ich bin euer Imam. Ihr habt die Freiheit eurer Gedanken gegenüber den schlechten Weg Yazids eingetauscht. Wenn ihr euch schon nicht um den Islam kümmert, dann sorgt euch zumindest um die Freiheit eures Geistes!“

Es ist immer leicht, aus der Entfernung, räumlich oder zeitlich,  zu urteilen und hier kann ich den Bogen schlagen von den Ereignissen in Kerbela zu Deutschland unter den Nazis. Angst, um es nicht Feigheit zu nennen, angesichts der Bedrohung des eigenen Lebens und des Lebens der Angehörigen, ist erst mal eine normale Reaktion. Aber wir sehen doch, wie ein fester Glaube davor schützt, sich einschüchtern und unterdrücken zu lassen. Bis hin zur letzten Konsequenz, wie der Imam, a.s. sagte:

Ein würdevoller Tod ist besser als ein Leben der Erniedrigung

In meiner Schulzeit habe ich noch gelernt, dass sich die Juden im 3. Reich gegen ihre Verschleppung und Ermordung praktisch nicht gewehrt hätten – das ist inzwischen längst überholt und jüdische Widerstandskämpfer verwehren sich dagegen, dass den Juden mit dieser Behauptung subtil eine Mitschuld an ihrem Schicksal gegeben wird. Zu Recht. Aber  angesichts der Übermacht der Nazis war der Widerstand, bis auf wenige Ausnahmen wie den Aufstand im Warschauer Ghetto wenig bekannt. Deshalb kann ich auch zu Einzelpersonen hier nichts beitragen.

Ich mach hier mal Schluss für heute, auch wenn´s mittendrin ist. Möchte fortsetzen mit dem spärlichen Widerstand der deutschen Bevölkerung allgemein, und dem was diejenigen die sich gewehrt haben, beflügelt hat.

Bis dahin noch ein paar links zu älteren Artikeln rund um Ashura:

Ashura und Totensonntag

Wasser als Waffe

ach und da sind noch viele mehr. Bitte die Suchfunktion benutzen: Kerbela, Ashura, Muharram, Zainab, Hussain, Yazid….

Teil 2

Lebensunwertes Leben–“das muss doch heute nicht mehr sein”

Standard

Bismillahir rahmanir rahim

Nicht dass Ihr denkt,  ich sei mal wieder verschwunden. Nein, ich bin ganz präsent und aktiv, aber im Hintergrund, da ist nämlich bei mir gerade viel los. Darum kam ich auch gar nicht zum Artikelschreiben, ich hab einiges vor, aber einfach keine Zeit zur Recherche. Ein “kleines” Thema hat sich aber in den Vordergrund gedrängelt. Es freut mich sehr, dass mein uralter Artikel “Islamische Betrachtung von Krankheit und Behinderung” ein echter Dauerbrenner geworden ist, der hat seit Jahren die höchsten Zugriffszahlen. Da hat er sich eine kleine Ergänzung verdient. Und dann sprach mich kürzlich jemand an, weil in einer Diskussion über Syrien, also ganz andere Baustelle, dieser Kommentar gemacht wurde:

Es entspricht doch dem Wesen des Islam, Behinderte auszugrenzen und die Schmach und Gottesstrafe von der Familie fernzuhalten, indem sie weggesperrt werden oder noch besser einfach “verschwinden”. Die Islamisten werden dies umso mehr verwirklichen, wenn sie die Kontrolle über noch mehr Gebete haben.

Ich habe als Argumentationshilfe auf o.g. Artikel verwiesen und gesagt, dass ja wohl derjenige, der so etwas behauptet in der Beweispflicht ist. Aber irgendwie muss die Formulierung vom “verschwinden” etwas bei mir ausgelöst haben, ich hab mich nämlich an das “Euthanasieprogramm” der Nazis für behinderte und kranke Menschen erinnert. Hier sind Tausende von Behinderten mitten aus unserer “christlich-jüdischen” Tradition  verschwunden. Hat man je so etwas je aus islamischen Gebieten gehört?

Nein, das ist hier in Europa geschehen und ich will nicht ungerecht sein: die christlichen Religionsgemeinschaften haben das natürlich nicht gewollt und gefördert. Im Gegenteil war es der Bischof von Münster, Clemens August von Galen, der 1941 in seiner sogenannten “Euthanasiepredigt” diese Praxis anprangerte und damit solche Unruhe auslöste, dass das Regime diese einstellen musste – jedenfalls in dieser offensichtlichen und durchorganisierten Form, natürlich wurden auch nach 1941 Behinderte ermordet, psychisch Kranke verhungerten in der “Anstalt”. Und die Juden waren natürlich auch nicht beteiligt, die waren in dieser Zeit selber Opfer und “verschwanden”. Aus der Predigt von Galens:

«Seit einigen Monaten hören wir Berichte, dass aus Heil- und Pflegeanstalten für Geisteskranke auf Anordnung von Berlin Pfleglinge, die schon länger krank sind und vielleicht unheilbar erscheinen, zwangsweise abgeführt werden. Regelmäßig erhalten dann die Angehörigen nach kurzer Zeit die Mitteilung, der Kranke sei verstorben, die Leiche sei verbrannt, die Asche könne abgeliefert werden. Allgemein herrscht der an Sicherheit grenzende Verdacht, dass diese zahlreichen unerwarteten Todesfälle von Geisteskranken nicht von selbst eintreten, sondern absichtlich herbeigeführt werden, dass man dabei jener Lehre folgt, die behauptet, man dürfe so genannt lebensunwertes Leben vernichten, also unschuldige Menschen töten, wenn man meint, ihr Leben sei für Volk und Staat nichts mehr wert. Eine furchtbare Lehre, die die Ermordung Unschuldiger rechtfertigen will, die die gewaltsame Tötung der nicht mehr arbeitsfähigen Invaliden, Krüppel, unheilbar Kranken, Altersschwachen grundsätzlich freigibt!»

Trotzdem ist es aus “unserer” Mitte entstanden. Warum waren es so wenige Menschen, die ihre “christliche” Grundorientierung nicht vergessen haben?

Jetzt sollte man meinen, dass wir Deutschen etwas gelernt hätten. Schließlich bringen wir heute ja auch keine Juden mehr um, höchstens ein paar Ausländer, aber in bescheidenem Rahmen (ich beziehe mich hier jetzt mal auf uns Deutsche, obwohl die “christlich-jüdische-westliche” Wertegemeinschaft ja noch ein paar Länder mehr umfasst. So sagt man uns jedenfalls regelmäßig, obwohl ich gar nicht weiß, wie das in anderen europäischen Ländern so bezeichnet wird). Und was Kranke und Behinderte angeht, so haben wir doch ein ausgebautes vorbildliches Gesundheits- und Sozialsystem, oder?

Ich will nicht ungerecht sein: das haben wir tatsächlich. So viel Förderung und Unterstützung wie behinderte Menschen in Deutschland erfahren, bekommen sie fast nirgendwo auf der Welt. Vorausgesetzt, sie haben das Euthanasieprogramm überlebt.

Wie – Euthanasieprogramm?

Ja, ich muss Euch sagen, dass das Vernichtungsprogramm für lebensunwertes Leben der Nazis perfektioniert und ausgebaut wurde und erfolgreich praktiziert wird. Heute wird bei 95% der ungeborenen Kinder bei denen man vorgeburtlich eine schwerwiegendere geistige oder körperliche Behinderung diagnostizieren konnte, verhindert, dass sie lebend das Licht der Welt erblicken. Man bringt sie vorher um.

Im dritten Reich gab es keine pränatale Diagnostik, deshalb musste das “lebensunwerte Leben” erst einmal lebend geboren und dann ermordet werden. Damals argumentierte man:

daß das Leben jener, die unter „unheilbarer Blödsinnigkeit“ litten, „absolut zwecklos“ sei und eine „furchtbar schwere Belastung“ sowohl für die Angehörigen als auch für die Gesellschaft darstelle. „Obwohl sie keinen Wert besitzen, müssen große Massen gesunder Menschen sie pflegen.Zitat aus: Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens

Heute werden solche Ausdrücke nicht mehr benutzt. Eine Schwangere, die erfährt dass ihr Kind nicht gesund sein wird, gerät selbstverständlich in eine Krise. Ganz normal. Aber ist es normal dass über 90% der Mütter in einer solchen Situation sich entscheiden, das Kind nicht zu bekommen, wenn man ihnen diese Möglichkeit aufzeigt? Da ist es doch wohl so, dass man nicht tröstet, aufklärt, auf Hilfsmöglichkeiten hinweist, sondern dass ganz schnell “die Lösung” aufgezeigt wird: die Abtreibung als

„medizinische Indikation“ subsumiert, „… um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden.“ wiki

Die Österreicher sind da ehrlicher und schreiben tatsächlich als Grund die körperliche oder geistige Behinderung eines Menschen in ihr Gesetz.

Übrigens gelten die 90-95% Abtreibungen bei diagnostizierten Behinderungen für die ersten 12 Schwangerschaftswochen. Aber immerhin 60% aller später als behindert diagnostizierten Kinder werden auch im späten Stadium der Schwangerschaft noch “abgetrieben”. Und wie man das dann nicht Mord nennen kann ist mir rätselhaft.

Eine schreckliche Geschichte mit einem glücklichen Ausgang, dieses Kind hat überlebt und gedeiht heute in einer Pflegefamilie:

25. Woche, plus vier Tage. Da ist der Bauch schon gewölbt. Das Kind strampelt kräftig. Es erkennt die Stimmen von Mutter und Vater. Es kann leben. Doch Susanne B. war nur verzweifelt, war sich sicher: Ein Leben mit einem behinderten Kind, das schafft sie nicht.

Alles ging ganz schnell. Um 11.15 Uhr hatte ihr der Arzt die Diagnose mitgeteilt. Um 14.30 Uhr stand sie mit dem Koffer auf der Frauenstation. Eine Medizinerin klärte auf: „Wahrscheinlich stirbt der Fötus während oder kurz nach der Geburt. Vielleicht wird er aber leben.“ Susanne B. war überfordert, reagierte panisch: „Ich will es nicht. Ich verlange, dass Sie mir das wegmachen.“ Sie droht sogar mit Selbstmord. Gegen 16 Uhr wird die Geburt eingeleitet.

Als alles vorbei war, grübelte Susanne B. oft: Wäre es besser gewesen, wenn ich nichts gewusst hätte von der Behinderung? Oder besser, wenn ich viel mehr gewusst hätte – über das Down-Syndrom, das, was sie nur als „Mongolismus“ kannte? „Dann hätte ich mich für eine normale Entbindung und gegen einen Abbruch entschieden“, sagte sie später.

Susanne B. tat, was neunzig Prozent aller Mütter tun, wenn sie erfahren, dass ihr Kind Down-Syndrom hat. Sie entschied sich für eine Abtreibung. Auch in Grenzfällen wie bei Tim, wenn das Kind schon leben kann, brechen 62 Prozent aller Mütter die Schwangerschaft ab. Das belegen Zahlen aus der Frauengesundheitsforschung.

Geboren worden, um zu sterben

Die Spätabtreibung darf allerdings nie mit der Behinderung begründet werden, nur mit einer körperlichen und seelischen Notfallsituation der Mutter. 237 Spätabtreibungen wurden dem Statistischen Bundesamt im vergangenen Jahr gemeldet. Hubert Hüppe, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung (CDU) schätzt, dass es in Wahrheit viel mehr sind. Denn Embryos, die schon im Mutterleib mit einer Kalium-Chlorid-Spritze getötet und unmittelbar danach geboren werden, tauchen in dem Zahlenwerk nicht auf.

Susannes Baby sollte auf seinem Weg durch den Geburtskanal sterben, an den Anstrengungen und toxischen Medikamenten, die die Wehen einleiteten.

Tim hat seine Mutter nie kennen gelernt. Nach mehr als 30 Stunden Qual und Schmerzen musste der Arzt ihn aus Susannes Leib herausziehen, weil er sich noch nicht gedreht hatte. Ein kleines Bündel Mensch, nur 650 Gramm schwer, leichter als ein Paket Mehl.

Susanne wollte Tim nicht sehen, die Pfleger brachten ihn weg. Neun Stunden lag der Fötus nackt in einem Kreißsaal in Oldenburg, notdürftig in ein paar Handtücher gewickelt. Wozu ein Wärmebettchen, ein Brutkasten? Dieses Kind war geboren worden, um zu sterben. Doch Tim gab nicht auf: Als sein Körper schon auf 28 Grad abgekühlt war, schnappte er noch nach Luft. Da kam er auf die Frühchenstation, und später dann zur Familie G.

Die Mutter dieses kleinen Jungen, die selber gesagt hat, dass sie sich anders entschieden hätte, wenn man sie richtig aufgeklärt hätte, ist laut “Spiegel”-Artikel tot. Es steht nicht genau warum, aber es klingt nach Suizid.

Natürlich kann man sagen, es ist leicht dahergeredet, wenn man nicht in der Situation steckt, so wie es diese Mutter in einem Forum berichtet hat:

Wir hatten uns so sehr ein Kind gewünscht, alles war so schön, bis der Tag X kam. Routineuntersuchung. Schwerstbehindert, Lebenserwartung max 1-2 Jahre, Leben lang OP„s , geistig und körperlich schwerstbehindert.
Oder „die SS vorzeitig beeenden“, von erster Sekunde an, war uns klar, daß dies die Entscheidung sein wird…zwischen Befund und Krankenhaus ließen wir uns dennoch 1 Woche Zeit, (laut Gesetz sind es 3 Tage)….
FA und anderer Arzt, wegen Zweitmeinung, sollen ja neutral auftreten, doch man merkte, daß auch diese unsere Entscheidung aufnahmen und es wohl auch daß beste sein. Für das Kind, ja und auch für die (egoistischen) Eltern. Wir wollten dem Kind , ja und auch uns viel Leid ersparen.
Ich mußte zur Beratung, zu der Dame sagte ich, ich hasse mein Kind, weil es schwerbehindert ist, ich hasse mich, weil ich nicht in der Lage bin, ein gesundes Kind in mir zhu haben. Die Dame meinte;: Sie hassen ihr Kind nicht, SIE HASSEN NUR DIE Situation, in der sie sich befinden.
Recht hatte sie, dennoch schäme ich mich, daß ich kurzfristig mein Kind haßte, auch eine FA meinte zu mir, keiner kann was dafür, Sie nicht, daß Kind nicht, es ist ein Teil von Ihnen, egal wie sie sich entscheiden, es ist ein Teil von Ihnen.
Die stille Geburt wurde eingeleitet, es dauerte 3 Tage bis es losging, dann ging es blitzschnell von heftiger Wehe bis Geburt dauerte 10 MInuten. Danach AS.
Körperlich ging alles sehr gut, nur im Kopf ist es dennoch schwer, auch wenn man sich gegen das Kind entscheidet.
Es ist schwer damit klarzukommen, auch wenn ich mich wieder gegen das Kind entscheiden würde.
Die Sehnsucht nach einem Baby ist groß, doch die Angst auch. Sicher gibt es keinen Anspruch auf ein gesundes Kind, klar, kann daß Kind ein Unfall haben, aber es ist ein Unterschied ob von vornherein klar ist, daß dieses Kind nur leiden wird. Und die Frauen, die selbst nur gesunde Kinder haben“ Ich hätte das Kind bekommen“. Die haben leicht reden.
Ich denke, es versteht jemand nur einen, der in der gleichen Situation war und auch wenn man sozusagen hart ausgedrückt: sein kind umgebracht hat, so ist man dennoch traurig.

Aber was heißt “sozusagen”? Ja, sie haben ihr Kind umgebracht. Und damit will ich gar nicht behaupten, dass sie das Kind nicht geliebt hätten  und dass sie nicht gelitten haben. Aber da war ein lebensfähiges Kind mit schweren Behinderungen und andere haben entschieden, ob sein Leben lebenswert oder lebensunwert ist.

Noch ein Beitrag aus einem Forum:

Letztendlich entschieden wir uns zum Wohl des Kindes ( und auch zu unserem Wohl) die Schwangerschaft abzubrechen.

Hier ging es um ein Kind mit Down-Syndrom. Weiter war nichts bekannt, das war eine Abtreibung in der Frühschwangerschaft. Menschen mit Down-Syndrom können schwer behindert sein, oder auch nur ganz leicht. Aber ist das nicht auch egal? Was heißt hier das “Wohl des Kindes”? Es hätte ein quietschvergnügtes Menschenkind sein können.

Warum raten Ärzte so schnell dazu, eine Schwangerschaft mit einem behinderten Kind abzubrechen und sei es auch in Form einer Spätabtreibung, bei der sie das Ungeborene  dann oft erst mit einer Kaliumchlorid-Spritze in das Herz töten? Es ist tatsächlich so, dass anscheinend viele Ärzte Schadenerzatzklagen fürchten, wenn ein behindertes Kind geboren wird und überlebt. Aber entscheidender scheint mir tatsächlich die gesellschaftliche Haltung zu sein, die schon die Nazis verbreitet haben und die sich in solchen Aussagen zeigt:

Der Direktor der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Köln, Peter Mallmann, vertrat im April 2000 die Position, die Pränataldiagnostik sei „gesundheitsökonomisch notwendig zur Kostenreduktion im Gesundheitswesen” Bei einer Umfrage in Deutschland Anfang 2001 befürwortete mehr als der Hälfte der Befragten pränatale Untersuchungen, „da sie zum Beispiel helfen, Kosten im Gesundheitswesen zu reduzieren“.wiki

Und wie im Dritten Reich sind es die Kirchen, die dieser Haltung widersprechen. Da funktioniert es, mit dem christlichen Wertesystem.

Eine Mitarbeiterin der “Zeit” schrieb dort über die Reaktionen der Mitmenschen auf ihre behinderte Tochter:

Im Sportverein. Ben rennt mit den anderen Kindern um die Wette, ich trinke Latte macchiato und lasse Lotta auf meinen Knien reiten. Sie grinst. Eine andere Mutter:

»Wann hat man das denn festgestellt?«

»Die Fehlbildung? Im neunten Monat, 33. Woche.«

»War es da zu spät?«

»Wofür?«

»Um was dagegen zu machen.«

»Das kann man nicht im Mutterleib operieren.«

»Nein, aber…«

Das Wort »abtreiben« spricht sie schon nicht mehr aus.

Warum gibt es dich, Lotta? Ein behindertes Kind, das muss in Deutschland heute doch nicht mehr sein.

Das ist ein sehr lohnender Artikel und auch seine Fortsetzung. Inzwischen ist auch ein Buch erschienen glaube ich, hab aber noch nicht danach gesucht.

Dieses “das muss doch heute nicht mehr sein” erleben wohl alle Eltern, die sich entscheiden ein Kind trotz Behinderung zu bekommen. Und das ist ein echtes Armutszeugnis für unsere Gesellschaft und zeigt, dass in dieser noch eine Menge Nazi-Ideologie steckt. Ich meine damit nicht die Gewissensnöte von Eltern, die sich für oder gegen ein Kind entscheiden sollen, sondern dass ihnen nicht in diesem Moment schon alles Erdenkliche was man als Gesellschaft leisten kann, als Hilfe angeboten wird und dass man ihnen nicht Mut macht, sondern das kranke Baby als ein lösbares Problem darstellt. Und wenn alle behinderten Kinder geboren würden und das Gesundheits- und Sozialsystem viel Geld kosten würden: unser reiches Land würde daran ebensowenig zugrundegehen wie an ein paar zigtausenden Flüchtlingen mehr, oder daran allen Menschen in diesem Land ein bedingungsloses Grundeinkommen zu garantieren von dem man würdig leben kann. Übrigens würde man damit auch viele ehrenamtliche Helfer mobilisieren, da bin ich ganz sicher.

Aber so rechnet man in einem kapitalistischen Land nicht, denn der Kapitalismus kann bekanntermaßen nicht rechnen. sonst würden ja nicht alle diese irrwitzigen Schuldenkrisen und dgl. entstehen. Hier muss der der lebt, produktiv sein und nicht behindert geboren, krank geworden oder alt und gebrechlich.

Das ist Gedankengut vom “unwerten Leben”. Zum Glück ist diese Ideologie nicht alleine vorhanden, sondern hat einen menschlichen Gegenpol und der ist es, der uns die vielen guten Angebote für Behinderte verschafft. Das will ich nicht in Abrede stellen, sondern wollte nur auf diese starke andere Richtung hinweisen.

Aber zum Schluss nochmal zur Ausgangsbehauptung, dass der Islam behinderte Kinder am liebsten “verschwinden lassen” würde. Wir haben gesehen, dass es in unserer nichtislamischen Gesellschaft die Wahrheit ist, dass Behinderte “verschwinden” und zwar so früh, dass möglichst keiner außer dem medizinischen Personal und den Eltern je davon gewusst hat. Das ist im Islam nicht der Fall, denn Abtreibung aus dem Grund, dass das Kind behindert ist, erlaubt der Islam nicht. Hier  Fatwas von Ayatollah Chamene´i:

F. 181: Nach der Untersuchung über ihren Zustand in den ersten Monaten der Schwangerschaft informierte der Arzt die Frau, dass, wenn die Schwangerschaft fortgesetzt wird, möglicherweise Gefahr für ihr Leben besteht, und dass, wenn die Schwangerschaft fortgesetzt wird, das Kind behindert geboren werden würde. Und deshalb hat der Arzt angeordnet, die Schwangerschaft abzubrechen. Ist diese Handlung dann erlaubt? Und ist (grundsätzlich) der Schwangerschaftsabbruch vor dem Eintritt der Seele in diesen (Embryo) erlaubt?

A: Dass ein Embryo behindert ist, ist keine religionsrechtliche, Rechtfertigung, um ihn abzutreiben, selbst vor dem Eintritt der Seele in diesen (Embryo). Jedoch mit der Befürchtung für das Leben der Mutter bei fortgesetzter Schwangerschaft besteht kein Hindernis zum Schwangerschaftsabbruch des Embryos vor dem Eintritt der Seele in diesen (Embryo), falls diese (Befürchtung) sich auf die Aussage eines Facharztes stützt, der vertrauenswürdig ist.

F. 182: Fachärzte können durch die Anwendung neuer Methoden und Geräte viele der Mängel eines Embryos (bereits) während der Schwangerschaft bestimmen. Ist die Abtreibung des Embryos, über den der vertrauenswürdige Facharzt informiert hat, dass er missgebildet ist, erlaubt im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die Missgebildete nach ihrer Geburt erleiden? Und wird in dieser Hinsicht ein bestimmtes Alter (des Embryos) vorausgesetzt?

A: Ein Schwangerschaftsabbruch allein dafür, dass dieser (Embryo) missgebildet ist oder für Schwierigkeiten, unter dem er während seines Lebens leiden wird, ist in keinem Alter erlaubt.

Der Vollständigkeit halber dann noch zur Abtreibung allgemein:

F. 185: Wie ist das Urteil zum Schwangerschaftsabbruch an sich, und wie ist das Urteil, wenn bei Fortsetzung der Schwangerschaft Gefahr für das Leben der Mutter besteht. Und die Erlaubnis (zum Schwangerschaftsabbruch) angenommen, wird dann unterschieden zwischen dem, was vor Eintritt der Seele und dem, was danach erfolgt?

A: Der Schwangerschaftsabbruch ist religionsrechtlich verboten und in keinem Fall erlaubt, außer wenn bei der Fortsetzung der Schwangerschaft eine Gefahr für das Leben der Mutter besteht. In diesem besonderen Fall besteht kein Hindernis dazu, die Schwangerschaft vor dem Eintritt der Seele in diesen (Fötus) abzubrechen. Aber nach dem Eintritt der Seele ist es nicht (mehr) erlaubt, ihn abzutreiben, selbst wenn beim Fortsetzen (der Schwangerschaft) eine Gefahr für das Leben der Mutter besteht, außer wenn die Fortsetzung der Schwangerschaft zum gemeinsamen Ende seines Lebens und (auch des Lebens) der Mutter führt und es nicht möglich ist, das Leben des Fötus auf jegliche Weise zu retten, aber es durch Schwangerschaftsabbruch möglich ist, das Leben der Mutter alleine zu retten.

Der Eintritt der Seele wird in den dritten Schwangerschaftsmonat datiert. Das sind wie gesagt religionsrechtliche Aussagen von Ayatollah Chamene´i, ich glaube aber dass es da kaum Unterschiede zu anderen shiitischen oder sunnitischen Gelehrten geben wird, aber das kann man bei Interesse ja herausfinden. Wir sehen also, dass das Recht zur Abtreibung im Islam grundsätzlich erst einmal nicht gegeben ist und das nur unter schwerwiegenden medizinischen Gründen anders gesehen wird. Wirtschaftliche Gründe zählen dabei übrigens überhaupt nicht und auch nicht die Frage des Geschlechts, was in Indien, China und sogar einigen europäischen Ländern ganz anders ist. Als der Prophet Muhammed, s.a.s., mit der göttlichen Botschaft zu den Arabern kam, wurde übrigens die verbreitete Praxis gestoppt, neugeborenen Mädchen im Wüstensand lebendig zu begraben. Sozusagen auch eine “Spätabtreibung”.

Aus dem heiligen Qur´an dazu (Sure 42, Verse 49+50)

Allahs ist das Königreich der Himmel und der Erde. Er schafft was Er will. Er beschwert Mädchen, wem er will, und er beschert die Knaben, wem Er will.

Oder Er gibt beide, Knaben und Mädchen, und Er macht unfruchtbar, wen Er will. Er ist Allwissend, Allmächtig.

Ob Abtreibung erlaubt sein sollte oder nicht, das ist ein Thema über das man an anderer Stelle diskutieren kann – ich habe dazu meine Meinung im Laufe meines Lebens sehr radikal verändert. Heute weiß ich, dass Gott es uns verbietet, bis auf ganz wenige Ausnahmen, wie sie in den Fatwas genannt sind. Aber Gott sagt nicht, dass die Familien und die Gesellschaft Eltern mit ihren Kindern alleine lassen soll, ob diese nun gesund oder krank und die Familien reich oder arm sind. Jeder kann mit jeder Herausforderung fertig werden, mit der entsprechenden Hilfe.

Aber ganz zum Schluss: Muslime lassen ihre behinderten Kinder nicht vorgeburtlich “verschwinden”, wie es unsere westliche Kultur hier so unschön vormacht. Ob sie sie aber später dann isolieren, verstecken, nicht genügend fördern? Dazu kann man wenig Material finden.

Ich kann nur von einem befreundeten Ehepaar in der Türkei berichten, dem angeboten wurde, das als behindert diagnostizierte Kind abzutreiben – ja, auch in der TR wird das gemacht. Sie haben sich entschieden, das Baby zu bekommen, aber es ist gestorben. Ein anderer kleiner Junge mit einer ziemlichen Entwicklungsverzögerung und einer Sehbehinderung, lebt ganz normal mit seiner Familie, liebevoll umsorgt und alle passen auf ihn auf. Aber da fehlt es ganz sicher an Förderung, in den Kindergarten geht er nicht wie alle anderen und auch in keinen speziellen. Da gibt es noch viel zu tun. Organisationen die sich um behinderte Kinder kümmern gibt es wohl in allen muslimischen Ländern, aber darüber was sie leisten können, findet man nicht so leicht etwas heraus. Aber in einem Forum für “besondere Kinder” habe ich eine interessante Diskussion zum Thema:

Wie steht der Islam zum Thema Behinderung?

gefunden. Da diskutieren verschiedene Eltern, auch muslimische, sehr aufschlussreich.

Hier ein Film aus einer syrischen Behinderteneinrichtung, vor dem Krieg. Da ein Film aus Syrien ja die Inspiration zu diesem Artikel gegeben hat, passt das doch. Was wohl aus den Kindern in dieser Einrichtung geworden ist?

Dieser Artikel ist länger geworden als geplant und hat mich auch schon eine Weile beschäftigt vor der Niederschrift. Obwohl ich über das Thema der Morde an behinderten Kindern, denn so kann ich diese Spätabtreibungen nur sehen schon mal gelesen hatte, hab ich mich nicht so reingehängt und nicht gewusst, dass das Hunderte von Malen im Jahr in Deutschland vorkommt. Abtreibungen in einem früheren Stadium – vielleicht vor dem Einzug der Seele in den Embryo kann ich jetzt aber auch nicht viel anders finden. Das Thema Abtreibung ist ein schweres. Aber es ist nicht nur Verantwortung der Frau bzw. Eltern alleine, die sich überfordert fühlen, sondern die einer Gesellschaft, die sich nicht kümmert und in der nur zählt wer pflegeleicht und produktiv ist. Wieviel Nazi-Gedankengut doch in diesem unserem System steckt!

Buchbesprechung: Menschenbild im Heiligen Qur´an

Standard

Bismillahir rahmanir rahim

Ich finde es ist an der Zeit, dass ich mich trotz aller Schrecken mal wieder mit dem beschäftige, worum es wirklich geht im Leben. Auch steht der heilige Monat Ramadan vor der Tür, auch das ist ein Hinweis darauf, dass es dringend nötig ist, mal wieder mehr nach innen zu schauen. Ich habe es vernachlässigt zu lesen – das wird sich inschaAllah jetzt mal wieder ändern, denn im Monat Ramadan will ja der Qur´an einmal durchgelesen werden.

Zum Einstieg lief mir ein Büchlein über den Weg:

b0072menschenbild Der Autor Dr. Ayatullah Reza Ramezani ist derzeit Leiter des Islamischen Zentrums in Hamburg und Mitglied der iranischen Expertenversammlung (http://www.eslam.de/begriffe/r/ramezani.htm).

Sein Buch über das Menschenbild im Heiligen Qur´an ist aus einer Reihe von Freitagsansprachen zusammengestellt. Es ist also nicht hoch wissenschaftlich und schwer zu verstehen, sondern eine Einführung in das Verständnis vom Menschen, seiner Veranlagung und seinen Aufgaben, auch geeignet für Nichtmuslime um einen Einblick in die islamische Gedankenwelt zu bekommen. Interessant ist, dass zu allen Bereichen auch die Meinungen verschiedener anderer Denkschulen und Religionen erwähnt werden. In die Tiefe kann dabei in diesem Format nicht gegangen werden, aber ich fand es interessant, einen kurzen Einblick in verschiedene philosophische Richtungen zu erhalten. Es versteht sich von selbst, dass das Buch mit vielen Qur´an-Zitaten versehen ist, die seine Erläuterungen belegen.

Das Buch beginnt mit der Schöpfungsgeschichte wie sie uns der Qur´an lehrt, und zwar sowohl mit der Schöpfung des menschlichen Körpers, als auch mit der des Geistes und macht deutlich, dass diese voneinander getrennte Dimensionen sind. Die Schöpfung Adams (a.) wird ebenso erklärt, wie die Unterschiede zwische dem christlichen und dem muslimischen Verständnis der Erschaffung Jesu´(a.).  Wie der heilige Qur´an lange vor der menschlichen wissenschaftlichen Erkenntnis dieser Tatsachen die embryonale Entwicklung beschreibt, finde ich immer wieder faszinierend.

Aber noch spannender sind die Kapitel über den menschlichen Geist und wie er das eigentliche Wesen/die Identität des Menschen ausmacht. Es folgen Ausführungen darüber, was die natürliche Veranlagung des Menschen ist, bzw. ob es eine solche überhaupt gibt. Was haben Mensch und Tier gemeinsam und was unterscheidet den Menschen vom Tier? Gibt es eine grundlegende Veranlagung, die allen Menschen gemein ist? Werden die Veranlagungen des Menschen durch Erziehung und Gesellschaft erworben, oder sind sie angeboren?

In den Kapiteln zu diesem Thema werden sowohl westliche philosophische Schulen wie die Existenzialisten besprochen, als auch wesentliche Unterschiede vom muslimischen zum christlichen Menschenbild. Denn – Muslimen ist das natürlich bekannt – der       Qur´an lehrt uns, dass es eine natürliche Veranlagung des Menschen zum Guten gibt, zum Streben nach

„Wissen, Wahrheit, Tugend, Vollkommenheit, Schönheit, Ewigkeit und Anbetung“

Einer der größten Unterschiede zum Christentum, das ja davon ausgeht, dass der Mensch mit der größten Sünde beladen geboren wird.

Auch was die Existenzialisten gelehrt haben, die glaubten (oder glauben), dass die Existenz einer grundlegenden Veranlagung im Widerspruch zu menschlicher Freiheit stehen würde, wird kritisch betrachtet. Erwähnung finden auch Denkschulen die glauben, dass der Mensch grundsätzlich triebgesteuert und nur auf seinen Vorteil bedacht sei, wie diejenigen, die eine grundlegende Veranlagung zum Guten feststellen, einige mit Bezug auf einen Schöpfergott, andere ohne.

Das Fazit der islamischen Lehre ist natürlich, s.o., dass der Mensch eine göttliche Veranlagung in sich trägt und was diese bedeutet und wohin sie führen soll wird in der zweiten Hälfte des Buches behandelt.

Die jedem Menschen innewohnende Veranlagung ist das Wissen um die Existenz und Einheit Gottes. Dieses Wissen kann im Unbewussten bleiben und getrübt sein, und es ist der Gottesdienst der dazu führt, dass die Schleier gehoben werden. Der Mensch strebt in allem nach Schönheit  und das kann heißen, dass er damit auf der materiellen Ebene verbleibt, oder eben dass er nach der göttlichen Schönheit strebt. Das Gleiche gilt für die Liebe und die Kreativität. Ja alles kann der Mensch nutzen um zu Gott zu streben, aber alles kann auch auf der materiellen Ebene bleiben, wenn der Mensch nicht seine Fähigkeit zur Beherrschung seiner niedrigen Instinkte nutzt. Denn auch diese sind vorhanden.

Weiter wird behandelt, was es bedeutet, dass der Mensch „Statthalter“ Gottes auf Erden ist: Gott ist niemals abwesend, warum also diese Bezeichnung und welche Aufgabe steckt dahinter? Was ist die Menschenwürde? Es gibt eine angeborene solche, aber es gibt auch eine erworbene Würde des Menschen, die auf seinen guten Taten beruht. Vollbringt er solche nicht, wird er am Tag des Jüngsten Gerichts niedriger als die Tiere dastehen, denn im Gegensatz zu diesen instinktgesteuerten Wesen, hat der Mensch eine Wahl, wie er sich verhält.

Zwei Verse aus dem Heiligen Qur´an die dazu zitiert werden:

„Wahrlich, vor Allah ist von euch der Angesehendste, welcher der Gottesehrfürchtigste ist. Wahrlich, Allah ist wissend, kundiger…..“(Sure 49:13)

„Wir warnen euch ja vor naher Strafe, am Tag, da der Mensch schauen wird, was seine Hände vorausgeschickt haben, und der Ungläubige sagen wird: „O, wäre ich doch Erde“  „(Sure 78:40)

Zusammengefasst sagt uns Ayatullah Ramezani:

„Kurzum sollte man alle seine Möglichkeiten, Talente und Kapazitäten bis zuletzt nutzen um sich Menschenwürde zu erwerben. Der Mensch sollte glauben, seinen Glauben im Denken und Handeln manifestieren und Gutes verrichten und somit sein Kapital nutzen und wirklich Würde erlangen. Aus diesem Grund hat sich Gott in den ersten              Qur´anversen dem Propheten als Erhabenster vorgestellt:

„Lies! Dein Schöpfer ist der Erhabenste. (Sure 96:2)“

Bei dem erhabensten Schöpfer lernt man wahre Erhabenheit und findet den für die menschliche Würde vorgesehenen Pfad. Da der Mensch auf diesem Pfad auf Anleitung angewiesen ist, wurde ein Buch herabgesandt, das ihn die Würde erlangen lässt und aus diesem Grund wird der Heilige Qur´an auch „der Erhabene“ genannt.“

Das wäre jetzt schon ein schöner Abschluss dieser Buchbesprechung, gerade um jetzt dazu zu motivieren, den Heiligen Qur´an im Monat Ramadan durchzulesen. Aber Ayatullah Ramezani hat noch einige Kapitel angeschlossen, die sich ebenfalls mit einem Thema befassen, das jeden Menschen durch sein ganzes Leben begleitet: das Streben nach Glück.

Die Glückseligkeit setzt Ayatullah Ramezani gleich mit dem menschlichen Streben nach Vervollkommnung. Und sie wird auf den verschiedenen Ebenen betrachtet, vom irdischen Leben bis hin zur „Gottseligkeit“. Bringt das Streben zu Gott auch irdisches Glück mit sich? Was sagen nichtreligiöse philosophische Schulen wie die Zyniker, die Stoiker, die Eskapisten dazu, oder auch der Buddhismus, die alle dazu raten, sich möglichst von der Welt zurückzuziehen, um sich nicht von ihr abhängig zu machen, Zitat von Schopenhauer:

„Das größte vernünftige und greifbare Glück liegt im vollständigen Beenden des Lebens“

Im Gegensatz dazu Ideologien, die auf den „Genuss“ als Mittel zur Glückseligkeit setzen (erwähnt werden hier Epikur, Aristoteles, die Utilitaristen) Wenn es sich um Genuss als rein materielles Geschehen handelt, bleibt dieser beschränkt. Der Islam zeigt sich im Gegensatz zu diesen Denkrichtungen als die Religion der Mitte, die weder die Abkehr von der Welt lehrt als auch sich abhängig von den rein irdischen Genüssen, von Konsum und Macht zu machen. Was wir anstreben sollen ist der wahre Genuss, der darin besteht sich Gott zu nähern, indem wir eine Stufe erreichen in der wir es lieben Gott zu dienen.

Dass der Konsum in unserer Gesellschaft als das Mittel zur Glückseligkeit überhaupt gilt, kritisiert Ayatullah Ramezani mit deutlichen Worten.

In den abschließenden Kapiteln des Buches kommen die islamischen Philosophen zum Thema „Glückseligkeit“ zu Wort und natürlich der Heilige Qur´an. Das ist so umfangreich, dass es nur angerissen werden kann, aber das Fazit dazu, was wirkliche Glückseligkeit bedeutet wird so beschrieben:

„Die wahre Glückseligkeit und Vollkommenheit liegen laut Heiligem Qur´an in der Nähe zu Gott und in der Bemühung des Menschen, seine vorhandenen Kapazitäten und Talente vollständig umzusetzen.“

Weil es mir oft so schwer erscheint, auf diesem Weg voranzukommen fand ich dieses Zitat aus einem Bittgebet von Imam Sadschad (a) so tröstlich:

„Und ich bin überzeugt, dass jemand der sich Dir nähern will, keine weite Strecke zurückzulegen hat. Und ich bin sicher, dass Dein Antlitz nicht hinter Schleiern ist, sondern dass es diese Schandtaten Deiner Diener sind, die ihre Sicht verdecken.“

Es ist wohl der Schaitan, der es uns so schwer erscheinen lässt, einerseits die Taten zu unterlassen, die uns unserer Würde berauben und andererseits diejenigen, die uns stärken wie das Gebet und gute Taten als Mühsal darstellt, damit wir uns auf diesem Weg, der doch gar nicht so schwer ist nicht vorwärts bewegen. (das ist eine persönliche Anmerkung und kein Zitat).

In den letzten Abschnitten des Buches geht es dann auch genau darum: wir können die Glückseligkeit erlangen, wenn wir uns darum bemühen. Imam Ali (a) sagte:

„Mit seinem Glauben erklimmt der Mensch den Gipfel der Gottseligkeit“

Glaube, gute Taten, Gott vertrauen, Standhaftigkeit gegenüber den Versuchungen des Schaitans und Selbsterkenntnis gehören dazu. Der Selbsterkenntnis wird ein eigener Abschnitt gewidmet und sie beinhaltet noch vieles von dem, was im Buch besprochen wurde, nämlich den Sinn der menschlichen Schöpfung und der Aufgaben die wir als Menschen in diesem Leben haben.

Dabei wird aufgezeigt, dass der Mensch in der Andacht an Gott innere Ruhe und damit auch das Glück findet, ohne dass ihn die religiöse Lehre davon abhält im diesseitigen Leben Freundschaft zu finden und eine verlässliche Person im Zusammenleben mit anderen zu sein. Aber sie  befreit von der Abhängigkeit an die irdische Welt, die dem wirklichen Glück im Wege steht. Dazu gehört auch die Abhängigkeit von anderen Menschen!

„Sprich: sollen wir euch die nennen, die bezüglich ihrer Werke die Verlustreichsten sind? Diejenigen, deren Eifer in dem Leben des Diesseits in die Irre ging, während sie errechnen, sie würden wohltätig an Werken sein“ (18:103-104)

Damit bin ich am Ende dieses Artikels angekommen. InschaAllah hat es Euch Freude gemacht und neugierig auf dieses Buch.

Der Schlusssatz von Ayatullah Ramezani:

„Um ein wahrer Gottesdiener zu sein, muss man bei seinem eigenen „Ich“ beginnen, und mittels Mühe und Entschlossenheit, Erkenntnis und unmittelbares Wissen erlangen, für sein jenseitiges Leben  vorsorgen und zum reinen Monotheismus gelangen.

Möge der Frieden und die Gnade Gottes und seine Segnungen mit euch sein“

Diesem Wunsch schließe ich mich an und ich wünsche Euch allen einen gesegneten Monat Ramadan!

Das Buch kann man hier bestellen: http://www.m-haditec-verlag.de/Literatur/Wissen-um-Islam/Menschenbild-im-Heiligen-Qur-an.html.

„Eslamica“ veranstaltet seit einer Weile immer wieder Preisrätsel unterschiedlichster Art, da kann man mit ein wenig Nachdenken und Glück Rabattgutscheine gewinnen, da macht das Bücherkaufen noch mehr Spaß.