Legal? Uns doch egal – wer regiert Deutschland?

Standard

Bismillah

Ein kleines Lehrstück über Recht und Gesetz, Medien und Manipulation.

Am 28.3. titelt das Handelsblatt:

Die heimlichen Iran-Geschäfte der Bundesbank

Was ist damit gemeint:

Wie das Handelsblatt aus Regierungs- und Finanzkreisen erfuhr, haben zwei Berliner Ministerien grünes Licht für einen dubiosen Milliardendeal mit Iran gegeben. Obwohl das Land des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad seitens der EU und der USA mit strikten Wirtschaftssanktionen belegt ist, hilft Deutschland bei Umgehungsgeschäften. Abgewickelt werden sollen sie über die Bundesbank. Das staatliche Geldhaus ist eigentlich für die Geldversorgung in Deutschland zuständig. Was kaum einer weiß: Zugleich fungiert sie aber in den auswärtigen Beziehungen als Transferstelle für Geldgeschäfte.

Hier taucht schon einmal das Wort „dubios“ auf . „Umgehungsgeschäfte“ tsts.

Ein kleiner Satz am Anfang, könnte uns aber schon zu denken geben:

nach ihrer Enthaltung im Uno-Sicherheitsrat in Sachen Libyen sorgt die Bundesregierung bei den westlichen Bündnispartnern erneut für Irritation

Na meinetwegen können die irritiert sein, „umstritten“ war diese Abwicklung bis dahin nicht – es hat eigentlich niemanden interessiert und das brauchte es auch nicht, dazu kommen wir noch.

Erst einmal wird die Nachricht von anderen Medien übernommen und auf einmal schlagen die Wellen hoch. Beispiele:

Umstrittener Handel: Deutschland hilft Indien bei Iran Deals

Bundesbank will in Iran-Geschäfte einsteigen

die Opposition meldet sich zu Wort:

Opposition fordert Aufklärung über Iran-Deal

Aber was gibt es denn hier eigentlich aufzuklären? Was war heimlich, was ist dubios? Gar nix:
Die deutsche Bundesbank äußert sich auf Anfrage von irananders folgendermaßen:

Wenn ein Kontoinhaber die Deutsche Bundesbank beauftragt, eine Zahlung auszuführen, die nach diesen Vorschriften der Europäischen Union zulässig ist, ist die Deutsche Bundesbank verpflichtet, diese Transaktion durchzuführen. Insofern gilt für die Deutsche Bundesbank nichts anderes als für andere Kreditinstitute. Die Verpflichtung der Bank, einen Zahlungsauftrag auszuführen, der nach den u. a. Vorschriften der Europäischen Union zulässig ist, ergibt sich wie für jedes andere Kreditinstitut aus den allgemeinen zahlungsverkehrsrechtlichen Regelungen des Zivilrechts.“

Vielleicht hätte die Opposition da auch mal nachfragen sollen? Sie hätte auch das Wirtschafts- und das Außenministerium fragen können:

Frage: Zunächst habe ich eine Lernfrage an das Außenministerium und das Wirtschaftsministerium. Wir lesen heute in einer Wirtschaftszeitung eine große Geschichte über eine sogenannte Umwegfinanzierung oder Umwegzahlung an ein iranisches Institut, die letztendlich den Hintergrund hat, Zahlungen für Öllieferungen an Indien zu leisten. Vielleicht können mir das Außenministerium und das Wirtschaftsministerium zunächst einmal den Sachstand erläutern. Gibt es einen solchen Vorgang, dass Indien Zahlungen für Öllieferungen aus dem Iran über die Bundesbank – ein in Hamburg ansässiges, deutsches Institut – letztendlich an den Iran leistet?
Schneid: Ich nehme an, dass Sie auf den heutigen Artikeln im „Handelsblatt“ Bezug nehmen. In dieser Hinsicht kann ich Sie bezüglich der ersten Frage nur einmal an die Bundesbank verweisen, da die Ihnen sagen muss, wie es um die Konstruktion dieses Geschäfts bestellt ist, und auch, welche Rolle sie dabei spielt. Das müsste Ihnen dort beantwortet werden.
Allgemein kann ich Ihnen sagen, dass die Europäisch-Iranische Handelsbank laut Beschluss des Rates vom 26. Juli 2010 nach Verordnung Nr. 961/2010 derzeit keinen Finanzsanktionen unterworfen ist. Über die Listung einer Bank entscheidet nicht die Bundesregierung, sondern der Rat der Europäischen Union. Voraussetzung ist die Verstrickung einer Bank in die Finanzierung des iranischen Nuklear- und Raketenprogramms. Die EIHB unterliegt einer strengen und fortlaufenden Kontrolle durch die deutschen Überwachungsbehörden. Unter anderem sind zwei Personen ständig vor Ort tätig. Die enge Überwachung und Kontrolle der EIHB wird fortgesetzt. Die Bundesregierung prüft dabei sorgfältig alle eingehenden Hinweise, insbesondere die von Partnerländern.
Zusatzfrage: Nun ist das ja eine politische Frage. Von daher ist, glaube ich, allein der Verweis auf die Bundesbank vielleicht doch etwas kurz gegriffen. Ganz konkret gefragt: Sind das Wirtschaftsministerium und das Außenministerium mit diesem Geschäft befasst gewesen, das offenbar kein gewöhnliches ist? Mir ist nicht bekannt, dass andere Länder Deutschland als Transferschiene für den Iran benutzten. Gibt es so etwas wie Zustimmung? Sind solche Geschäfte zustimmungspflichtig?
Peschke: In diesem Fall ist es so: Die Genehmigungsbehörde ist die Bundesbank. Insofern müssen Sie halt auch mit der Bundesbank sprechen. Ich kann Ihnen sagen, dass die Bundesregierung in Form des federführenden Wirtschaftsministeriums, aber auch durch uns mit diesem Vorgang befasst war. Über die Details kann ich Ihnen hier aber keine genauere Auskunft geben. Das wäre in der Tat Sache der Bundesbank.weiter
Eigentlich wäre die Frage, ob das Geschäft legal oder dubios, oder illegal ist, damit ja ausreichend beantwortet. Aber natürlich darf man eine andere Meinung dazu haben. Gestern legt das Handelsblatt nach und lässt Herrn Graumann, Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland zu Wort kommen. Dieser ist empört über das Geschäft und fordert:

Graumann hält daher in dem konkreten Fall Transparenz für das Gebot der Stunde. „Die Bundesregierung sollte rasch und umfassend darüber aufklären, was sie getan hat und was sie nicht getan hat“, sagte er. Er selbst glaube zwar nicht den „wachsenden Unterstellungen“, Deutschland und die Bundesregierung seien unzuverlässig und unterliefen die Iran-Sanktionen. „Aber ein zügige und offensive Informationspolitik ist hier um so ratsamer.“

Nun ist zwar wie oben zu lesen, für Transparenz ausreichend gesorgt, aber das hat Herr Graumann wohl nicht verstanden. Und dann gibt es ja auch noch die Frage: „Hat die Bundesregierung das erlaubt, weil Iran dafür die zwei „BamS- Reporter“ freigelassen hat? Wo diese Frage auf einmal aufgetaucht ist, habe ich irgendwie nicht mitbekommen. Aber damit kann man natürlich dieses Geschäft „dubios“ machen, dann können Bundesbank und Regierung sagen was sie wollen – hier wird fröhlich spekuliert.
Also bis jetzt haben wir: eine geschäftliche Transaktion zu der die Bundesbank verpflichtet ist, geprüft, legal, auf Nachfrage ausreichend erläutert.“Verbündete“ in den USA und Vertreter einer Religionsgemeinschaft denen das nicht gefällt. Medien die sich über ein Thema freuen, das eigentlich keines wäre und dann noch etwas dazuspinnen. Wäre alles nicht so aufregend.
Aber schauen wir mal in die heutige Presse:

Dass Deutschland Iran dabei hilft, einen Öl-Deal abzuwickeln, stellt für die transatlantischen Beziehungen eine Belastungsprobe dar. Das hat die Kanzlerin alarmiert. Merkel stoppte das Geschäft nun.

So und nun die Frage, wer deutsche Politik bestimmt? Wer will hier nach Recht und Gesetz legale Geschäfte unterbinden? Ist es schon „“international“, wenn ein anderes Land Druck ausübt? Welches Druckmittel hat denn dieses Land und was macht es stärker als unsere Gesetze?
und angehängt noch zwei Punkte:
Herr Graumann sagte noch mehr als oben zitiert, nämlich u.a. :
„Dass viel zu viele deutsche Firmen nach wie vor und ungerührt ihre widerwärtigen Geschäfte mit dem iranischen Terror-Regime betreiben, dem amtierenden Weltmeister in Sachen Holocaust-Leugnung, ist leider eine Tatsache und weiterhin eine himmelschreiende Schande“,
„ Diese Bank gehört nicht in die deutsche Bankenwelt, diese Bank gehört verboten“, sagte der Zentralratspräsident. „Schon lange ist bekannt, dass dieses Institut ein Instrument und Handlanger des Teheraner Regimes ist, dass die fanatischen Mullahs dort mit großen Finanzmitteln versorgt, mit denen diese wiederum Hass, Terror, Tod und auch das dortige Nuklearprogramm finanzieren.“ Gerade deutsche Stellen hätten sich bislang „geradezu beharrlich geweigert“, diese Bank auf die schwarze Liste der EU zu setzen. „Wenn nun in Deutschland endlich diese Haltung korrigiert würde, wäre das allerdings mehr als angebracht“, sagte Graumann.

Herr Graumann weiß vermutlich auch nicht, dass Iran ein funktionierendes Staatswesen hat mit der üblichen Infrastruktur wie Bildungswesen (ein hervorragendes sogar), Gesundheitswesen, Sozialhilfen, Verkehrswegen und was ein Land sonst noch so braucht. Die Auswirkungen der Sanktionen auf iranische Bürger ist ein Thema, das in der Debatte gerne zu kurz kommt. Irananders dazu:

Die Kritik an beiden Banken und dem Außen- und Wirtschaftsministerium ist deshalb auch kurios, da vor Beschließung der UN- und EU-Sanktionen gegen Iran in Deutschland nahezu ein Konsens herrschte, dass nur das iranische Regime Zielscheibe der Sanktionen sein könne und nicht die iranische Bevölkerung. Eine Behinderung der iranisch-indischen Ölgeschäfte trifft aber primär die Bevölkerung, da der Löwenanteil von 9 Milliarden Euro für konventionelle und unproblematische staatliche Ausgaben getätigt wird. Die Annahme von Seiten der Kritiker, dieses Geld würde in erster Linie zur Beschaffung von Wehrtechnik oder Polizeiausrüstung verwendet werden, ist nicht stringent, da solche Exporte bereits unter die Sanktionen fallen und nach Auskunft des Geschäftsführers der Deutsch-Iranischen Handelskammer, Michael Tockuss, sämtliche Geschäftstätigkeiten deutscher Unternehmen mit Iran ohnehin durch die Aufsichtsbehörden minutiös geprüft werden. 

Ohnedies ist bereits seit Jahren eine öffentliche Grundsatzdebatte in der Politik über die durch die Wirtschaftssanktionen bedingten Kollateralschäden überfällig. Denn das wirtschaftliche Schicksal einer Bevölkerung ist nicht gänzlich von der wirtschaftlichen Prosperität eines Regimes, welches unweigerlich Teil der Nation ist, zu trennen. Erleidet ein Land einen wirtschaftlichen Verlust, so ist die Bevölkerung eher betroffen als das Regime.

Und der zweite angehängte Punkt beschäftigt sich mit etwas, dass anscheinend unsere Medien nicht so sehr interessiert, dass wir es auf den Titelseiten hätten (falls ich da was übersehen habe, bitte gerne nachreichen), erwähnt wurde es allerdings (focus und Spiegel):


Also ich bin mehr als verärgert, aber ich bin ja auch keine Politikerin:

Berlin (farsnews) – Die Enthüllung der Zusammenarbeit Deutschlands mit Saudi Arabien hinsichtlich  Rüstungsgeschäften und Ausbildung der saudiarabischen Polizei hat die Verärgerung deutscher Politiker zur Folge.Nach Veröffentlichung der Nachricht über Zusammenarbeit der deutschen Regierung mit Saudi Arabien hinsichtlich eines Milliarden-Rüstungsgeschäftes und der Ausbildung der saudiarabischen Polizisten in der Zeitschrift Focus und im „Spiegel“ kritisierten  die Oppositionsparteien heftig die Regierung.
Gemäß dem Bericht der farsnews in Berufung auf die österreichische Nachrichtenagentur ,hat der Sprecher des Innenausschusses im deutschen Parlament Dieter Wiefelpütz  der Oppositionspartei SPD heftig die Regierung in dieser Angelegenheit kritisiert  und hinsichtlich eines Missbrauchs der deutschen Polizeikräfte gewarnt.

Wolfgang Wieland, Experte für Innere Angelegenheiten der Grünen stellte die rechtliche Grundlage dieser Einsätze in Frage und forderte, dass die Entsendung von Polizeikräften ins Ausland wie die Militäreinsätze im Ausland vom Parlament gebilligt werden müssen.

Auch andere deutsche Politiker stellten sich gegen das Projekt und fragten nach dem Sinn der  Ausbildung von Polizeikräften eines Landes  mit einer reaktionären und anti-demokratischen Regierungsordnung, und ob Deutschland demnächst auch zur Ausbildung von nordkoreanischen Kräfte beitragen solle.

Jüngst stellte sich heraus, dass die deutsche Polizei unter Aufsicht des Innenministeriums Sicherheitskräfte Saudi-Arabiens, welche mit brutalen Methoden die Revolutionäre niederschlagen, ausgebildet hat. Dieser Auftrag war so streng geheim, dass er nicht in den Papieren über die internationalen Einsätze der Polizei und nicht in dem Befragungskonzept der Linken im Parlament erwähnt wurde.zum Artikel

Ja soweit diese Lehrstunde in Staatsbürgerkunde, die doch einige Fragen offen lässt.


Hinterlasse einen Kommentar