Meine katholische Erziehung ist viele Jahre her und da ich damals noch ein Kind war, haben mich die Quellen der Bibel nicht interessiert. Erst viel später wurde wieder interessant für mich, ob die Evangelien von Menschen geschrieben wurden, die Jesus, Friede sei mit ihm, persönlich gekannt haben. Darüber habe ich dann unterschiedliche Meinungen gehört, von „die Evangelien sind unverfälschte Berichte von Jesu Leben und von Gott vor Veränderung geschützt“ (so Jehovas Zeugen), bis hin zu „keiner der Evangelisten hat Jesus gekannt“
Eine Antwort dazu habe ich nicht gefunden, jedenfalls nicht, was die wirklichen Persönlichkeiten der Evangelisten angeht.
Ansonsten gehen wir Muslime ja davon aus, dass es kein unverfälschtes Evangelium gibt. Deshalb wird ja auch im heiligen Koran noch einmal über das Leben und den Auftrag Jesu berichtet und dargelegt, dass er nicht als Sohn Gottes zu betrachten ist und auch nicht gekreuzigt wurde, da Gott das verhindert hat.
Als Beispiele unterschiedlicher christlicher Meinungen zum Thema, habe ich mal ein paar Texte kopiert, als erstes eine Zusammenstellung von Vorwörtern zu verschiedenen Bibelausgaben, von den Großkirchen herausgegeben:
Quelle: Einheitsübersetzung der Bibel, erschienen 1980,
Herausgegeben im Auftrag der katholischen Bischöfe
Deutschlands, Österreichs, der Schweiz,
des Bischofs von Luxemburg, des Bischofs von Lüttich,
des Bischofs von Bozen-Brixen
Für das Neue Testament und die Pslamen auch im Auftrag
Des Rates der EKD und der Deutschen Bibelgesellschaft
(Evangelisches Bibelwerk)
Aus dem Vorwort des Evangeliums nach Matthäus:
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Das uns überlieferte Evanglium ist in griechischer Sprache abgefaßt, und es benutzt das griechisch geschriebene Markusevangelium als Vorlage. Es schöpft außerdem aus einer anderen griechischen Vorlage, die auch Lukas verwertet hat, einer heute verlorengegangenen Sammlung von Worten Jesu (sog. Logienquelle).
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Das Evangelium setzt den Untergang Jerusalems (70 n.Chr.) voraus; es ist wohl um 80 n.Chr. verfasst worden, und zwar vermutlich in Syrien (eher als in Palästina). Seinem Inhalt ist zu entnehmen, dass es in einem Gebiet entstanden sein muss, in dem Christen und Juden zusammenlebten.
Als Verfasser nimmt man heute einen nicht näher bekannten judenchristlichen Lehrer an, der noch Schüler der Apostel war.
Aus dem Vorwort des Evangeliums nach Markus:
Das älteste, griechisch geschriebene Evangelium wird nach altkirchlicher Überlieferung Markus zugeschrieben. Damit ist gemeint Johannes Markus aus Jerusalem, Sohn einer Maria, in deren Haus sich die Urgemeinde in Jerusalem versammelte; er war ein Vetter des Barnabas, Mitarbeiter des Paulus und später auch des Petrus (Phlm 24; Kol 4,10; Apg 12,12; 13,5; 15,36-39; 1. Petr. 5,13.
Ebenfalls nach altkirchlicher Überlieferung schrieb er sein Evangelium in Rom.
Es steht in zeitlichem Zusammenhang mit der Zerstörung Jerusalems und ist deshalb um 70 n.Chr. verfasst, und zwar für Heiden und Heidenchristen.
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Der Anhang (16,9-20) wurde erst im 2. Jahrhundert von unbekannter Hand angefügt, vermutlich weil der jähe Schluß 16,8 nicht befriedigte.
Aus dem Vorwort des Evangeliums nach Lukas:
Die altkirchliche Überlieferung nennt als Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte „Lukas, den geliebten Arzt“, der Heidenchrist war und mit Paulus in Verbindung stand. Lukas benutzt das Evangelium des Markus und schöpft aus der verlorengegangenen Logienquelle. Er blickt auf den Untergang Jerusalems zurück und erwartet die Wiederkunft Christi als nicht mehr unmittelbar bevorstehend (17,20f; 21,24; Apg 1,8).
Die Abfassung des Evangeliums fällt wohl in die Jahre 80-90.
Ob es in Kleinasien oder in Griechenland entstanden ist, läßt sich nicht sicher bestimmen.
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Lukas will ein Schriftwerk für gebildete Heiden und Heidenchristen schaffen, wie das kunstvoll gestaltete Vorwort (1,1-4) zeigt.
Darin berichtet er, dass schon viele vor ihm die auf Augenzeugen zurückgehenden Überlieferungen über Jesus zusammengestellt hätten, er also verschiedene schriftliche Vorlagen hatte, und dass er allem genau nach gegangen sei, um die Verküdigung der Kirche historisch und theologisch als zuverlässig zu erweisen.
Lukas verdanken wir verschiedene wertvolle Überlieferungen, die sich in den anderen Evangelien nicht finden.
Aus dem Vorwort des Evangeliums nach Johannes:
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Dieses Evangelium hat erst am Ausgang des 1. Jahrhunderts seine jetzige Gestalt gefunden. Träger und Gewährsmann der in ihm bezeugten Überlieferung ist der Apostel Johannes, Sohn des Zebedäus, Bruder des Jakobus.
Manche Anzeichen weisen darauf hin, dass dieses Evangelium einen längeren Entstehungsprozess durchlaufen hat.
Quelle: http://www.evangelium.de/li.0.html
Hier eine Zusammenfassung aus „Planet des Wissens“:
Die vier Evangelien
Das Wort „Evangelium“ kommt aus dem Griechischen (evangelion) und bedeutet „frohe Botschaft“. Die vier Evangelien sind die zentralen Texte des Neuen Testaments und gleichzeitig die Quellen, die über Jesus berichten. Sie erzählen uns von der Geburt Jesu, von seinem Wirken, seiner Kreuzigung und seiner Auferstehung.
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Die Evangelien erzählen vom Leben Jesu . .
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Vier Evangelisten und vier Evangelien
Jesus selbst hat seine Lebensgeschichte nicht aufgeschrieben. Er hat uns weder weitere Schriften hinterlassen noch gibt es überlieferte Augenzeugenberichte. Frühestens 30 Jahre nach dem Tode Jesu wurde mit der Niederschrift der Evangelien begonnen. Bis dahin hat man die Geschichte Jesu mündlich überliefert. Die Verfasser der vier Evangelien waren eigenständige Autoren, keiner von ihnen hat einen bereits bestehenden Text korrigiert oder ergänzt. Vier Mal wird die Heilsgeschichte des Christentums erzählt. Jeder der vier Evangelisten Markus, Matthäus, Lukas und Johannes hat einen eigenen Blickwinkel und erzählt auf seine Weise vom Leben Jesu auf Erden.
Das Matthäus-Evangelium
Das Matthäus-Evangelium steht an erster Stelle, da lange Zeit angenommen wurde, dass es das älteste Evangelium ist. Heute hat die neutestamentliche Forschung jedoch herausgefunden, dass das Markus-Evangelium noch vor dem Matthäus-Evangelium niedergeschrieben worden ist.
Das Matthäus-Evangelium entstand um das Jahr 80 nach Christus, Matthäus war möglicherweise ein uns nicht näher bekannter jüdisch-christlicher Lehrer, wahrscheinlich war er ein Schüler der Apostel. Das uns überlieferte Evangelium wurde auf Griechisch abgefasst und nutzte darüber hinaus das Markus-Evangelium als Vorlage. Es bediente sich auch eines weiteren Textes, von dem andere Evangelisten ebenfalls Kenntnis hatten. Quelle Q wird diese Vorlage der kanonischen Evangelien genannt, leider ist sie uns nicht erhalten geblieben.
Matthäus legt Wert auf die Interpretation der Gestalt Christi als Messias, den Erlöser Israels, der sich den Menschen in der Tradition der Prophezeiungen des Alten Testaments offenbart. Matthäus geht auf den Stammbaum Jesu ein, außerdem erzählt er dessen Kindheitsgeschichte.
Das Markus-Evangelium
Markus ist wahrscheinlich der erste Evangelist, der das Leben Jesu dokumentierte. Wie bei Matthäus geht die Forschung davon aus, dass das Markus-Evangelium etwa zu der Zeit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem entstand, also um 70 nach Christus niedergeschrieben wurde. Vermutlich entstammt Markus der urchristlichen Gemeinde in Jerusalem und verfasste sein Buch in Rom.
Das Markus-Evangelium beginnt gleich mit dem Wirken Jesu, seine Geburt und Jugend überliefert Markus nicht. Im Zentrum des Evangeliums stehen die Erzählungen vom Tod und der Auferstehung Christi, ein Großteil der Schrift ist der Passion, dem Leiden Christi, gewidmet.
Das Lukas-Evangelium
Lukas war wahrscheinlich Arzt. Er trat mit dem Anspruch auf, einen Tatsachenbericht zu verfassen und die Geschichte Jesu wahrheitsgemäß wiederzugeben. Er wollte die Verkündigung der frohen Botschaft historisch und theologisch zuverlässig überliefern und berief sich auf Augenzeugen zurückgehender Überlieferungen. Auch Lukas hatte Kenntnis von der Quelle Q, auf die sich Markus und Matthäus ebenfalls stützten. Lukas kannte das Markus- und das Matthäus-Evangelium. Das konnte die Bibelforschung durch intensiven Vergleich der Quellen belegen. Aufgrund der vielen teils wörtlichen Gemeinsamkeiten spricht die Forschung bei den drei Evangelisten von den Synoptikern (Synopsis, griechisch: „Zusammenschau“).
Das Lukas-Evangelium datiert aus der Zeit 80 bis 90 nach Christus und ist vermutlich in Kleinasien, der heutigen Türkei, oder Griechenland entstanden. Er schildert in allen Einzelheiten die Geburt Jesu. Die Erzählung der Weihnachtsgeschichte, wie wir sie kennen, entnehmen wir dem Lukas-Evangelium.
Das Johannes-Evangelium
Das vierte und letzte Evangelium ist das Johannes-Evangelium, das etwa um 100 nach Christus entstand, vermutlich in Ephesus, der heutigen Türkei. Das Johannes-Evangelium unterscheidet sich ganz erheblich von den drei übrigen synoptischen Evangelien. Es wird auch das „pneumatische“ Evangelium, das Evangelium des Geistes genannt, weil es im Vergleich zu den anderen Schriften am häufigsten vom Heiligen Geist spricht. Tatsächlich fehlen in der Schrift viele der Ereignisse, die bei den Synoptikern zur Sprache kommen. Während bei Markus, Matthäus und Lukas die Erzählung abwechslungsreich und der Handlungsverlauf von Aktivität gekennzeichnet ist, wird das Johannes-Evangelium durch einen kontemplativen, meditativen Ton geprägt, in dem die Belehrungen und Reflexionen Jesu im Vordergrund stehen.
Das Johannes-Evangelium beginnt die Jesusgeschichte mit der Erzählung seiner Taufe. Wie schon Markus erwähnt auch Johannes die Geburt Jesu mit keinem Wort.
Weiterführende Links:
Dossier Christentum
Alles Wissenswerte zum Christentum finden Sie im großen Internet-Dossier von wdr.de.
>> http://www.wdr.de/themen/homepages/christentum.jhtml
(Cordula Weinzierl)
Quelle: http://www.planet-wissen.de/pw/Artikel,,,,,,,CD7E75D2D61E4185E030DB95FBC35698,,,,,,,,,,,,,,,.html
Hier schreibt ein Pfarrer, was er über den Evangelisten Markus weiß:
Die Überlieferung geht davon aus, daß Johannes-Markus (ein Begleiter des Paulus und Barnabas auf der 1.Missionsreise – Apg.13,5) sein Evangelium nach Berichten des Petrus aufschrieb. – Petrus nennt Markus seinen „Sohn“ (1.Petr.5,13). Maria, die Mutter von Markus, nahm Petrus nach seiner wunderbaren Befreiung in ihrem Haus auf (Apg.12,12).
So können wir sagen: Markus ist geistig gesehen das Zeugnis des Jüngers Petrus!
Die meisten Textforscher gehen davon aus, daß das Markusevangelium das älteste der vier Evangelienberichte ist. Es entstand wohl um das Jahr 70 n.Christus. Ob Markus Jesus persönlich gekannt hat, wissen wir nicht mit Sicherheit. Man geht allerdings davon aus, weil nur er allein eine kleine Begebenheit erzählt von dem jungen Mann, der bei der Gefangennahme Jesu nackt floh (Markus 14,51).
Markus hat somit als erster einen Gesamtbericht über Jesus geschrieben – eine literarische Form eingeführt, die unter dem Namen EVANGELIUM einmalig ist.
Sein Anliegen ist den Glauben auszubreiten, daß Jesus der Messias ist, der das Reich Gottes bringt. Damit ist klar der „Predigtcharakter“ der Evangelien hervorgehoben (so, wie es nachher Lukas in seiner Einleitung ja auch sagt).
Markus stellt eine Reihe von Taten Jesu in den Vordergrund – siehe Kap.1-5. Damit stellt er den „wirkenden Christus“ in den Mittelpunkt. Er schildert auch Jesus als Mann aus Nazareth als den „Menschen“: Jesus ißt und trinkt, er ist müde und er schläft, er wird zornig und hat Mitleid und kommt in Todesangst. Und Jesus stirbt am Kreuz „schreiend“.
Dieser Mensch Jesus von Nazareth stirbt am Kreuz und erwirkt das Heil für die Welt. Also: Das menschliche Schicksal Jesu ist dem Evangelisten Markus wichtig. Deshalb wird auch die PASSIONSGESCHICHTE(Leidensgeschichte) zum Zielpunkt des Evangeliums. Dagegen ist sein OSTERBERICHT sehr kurz (Kap.16,1-8).
Ob Markus damit wirklich sein Evangelium abgeschlossen hat, ist nicht sicher. Sicher soll jedoch sein, daß die Verse 9-20 später hinzugefügt wurden, etwa im 2.Jahrhundert. Damit hat man den Schluß des Markus-Evangelium dem Schluß der anderen angeglichen. Dabei ist nun zu beachten, daß gerade in diesem Schluß der TAUF- UND MISSIONSBEFEHL steht.
Ich selber bin nicht davon überzeugt, daß diese Annahme stimmt – und ich halte mich einfach an den KANON der alten Kirche, die diesen Schluß als zu Markus gehörig ansieht.
Markus berichtet von dem Bekenntnis des Petrus: „Du bist Christus (der Messias)!“
Quelle:
http://www.glauben-und-bekennen.de/bibel/markus.htm
(Homepage von Pfarrer Jakob Stehle)
Also bisher bleibt unklar, wie authentisch die Evangelien sein können. Mir geht es nicht darum, Christen zu kränken oder zweifeln zu lassen. Allerdings denke ich auch deswegen darüber nach, weil ja unsere Quellen, der heilige Quran und die Hadithe über das Leben Muhammeds, Friede und Segen sei mit ihm, von den Christen angezweifelt werden. Und das, obwohl ihre Entstehung zeitnah und von vielen Menschen dokumentiert wurde und jedenfalls der Quran seither unverfälscht überliefert wurde. Bei den Hadithen gibt es da sehr viel mehr Unsicherheiten, aber auch sie sind mitsamt der Überliefererkette aufgezeichnet.
Bei Karl-Josef Kuschel (s. meine Lektüre-Ecke) habe ich zum ersten Mal etwas über die „Logienquelle“ gelesen, mündliche Überlieferungen über das Leben Jesu. Ich verstehe das vergleichbar mit unseren Hadithen und anscheinend haben die Evangelisten Markus, Matthäus und Lukas daraus geschöpft, während sich das Johannes-Evangelium davon unterscheidet. Hier findet man einen ausgiebigen Artikel dazu, der ist zu lang ihn hier einzustellen:
Ueber die Quellen der Evangelien/J.Sieger
Sehr lesenswert!